Trump besuchte an Thanksgiving US-Soldaten in Afghanistan.

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Kabul/Washington/Paris – Bei einem überraschenden Truppenbesuch in Afghanistan zu Thanksgiving hat US-Präsident Donald Trump Hoffnungen auf eine Verständigung mit den islamistischen Taliban genährt. "Die Taliban wollen einen Deal machen. Und wir treffen sie", sagte Trump am Donnerstag auf dem US-Militärstützpunkt in Bagram nördlich von Kabul neben seinem afghanischen Kollegen Ashraf Ghani.

"Wir sprechen mit den Taliban", sagte Trump. Bedingung für eine Verständigung sei eine Waffenruhe. Er glaube, dass die Taliban mittlerweile auch eine Waffenruhe wollten.

Gespräche im September beendet

Seit Juli 2018 hatten die USA mit den Taliban verhandelt, um den Weg für einen Abzug der US-Truppen und letztlich für den Frieden zu bereiten. Im September erklärte Trump die Gespräche jäh für tot – kurz vor einem geplanten Geheimtreffen mit Taliban-Vertretern in Camp David. Auslöser war ein Anschlag in Kabul, bei dem auch ein US-Soldat starb. Seither haben die Taliban immer wieder Bereitschaft gezeigt, die Verhandlungen wiederaufzunehmen.

Die Bestätigung laufender Gespräche kam fast so überraschend wie Trumps Reise zur größten US-Militärbasis in Afghanistan selbst: Sie fand aus Sicherheitsgründen unter strengster Geheimhaltung statt. Das Weiße Haus setzte einige Tweets von Trumps sonst so aktiven Twitter-Account ab – stundenlange Funkstille wäre verräterisch gewesen. Auf dem offiziellen Terminplan stand für den Nachmittag eine Telefonkonferenz mit Angehörigen des Militärs, die Trump von Florida aus führen wollte. Es war sein erster Besuch in Afghanistan und sein zweiter bei Kampftruppen im Ausland.

Truppenabzug nicht ohne Deal

Trump verspricht immer wieder, die "endlosen Kriege" zu beenden und die Soldaten nach Hause zu bringen. Er bekräftigte, die Truppenstärke in Afghanistan auf etwa 8.600 reduzieren zu wollen. Gleichzeitig würden sie USA so lange in Afghanistan bleiben, bis ein Deal mit den Taliban erzielt sei – "oder wir einen totalen Sieg haben". Derzeit sind 12.000 bis 13.000 US-Soldaten dort stationiert.

Begleitet wurde Trump unter anderen vom Nationalen Sicherheitsberater Robert O'Brien. Nach Angaben einer Reporterin sagte Trumps Sprecherin Stephanie Grisham während des Flugs nach Afghanistan, der einzige Anlass für den Besuch seien Thanksgiving und die Unterstützung für die Truppen – nicht der "Friedensprozess" mit den Taliban.

Das Thema trat dann allerdings doch in den Vordergrund. Generalstabschef Mark Milley sagte, die Hoffnung sei, dass die Gespräche mit den Taliban zu einem innerafghanischen Dialog in nicht allzu weiter Zukunft führten. Trump betonte, auf lange Sicht entscheide sich die Zukunft Afghanistans und anderer Länder in der Region nicht auf dem "Schlachtfeld". Es brauche eine politische Lösung, die von den Menschen in der Region entschieden werde.

Bisher lehnen die Taliban allerdings direkte Verhandlungen mit der Regierung in Kabul aber ab, da sie sie als "Marionette" des Westens betrachten.

Waffenruhe gefordert

Präsident Ghani erklärte im Anschluss an Trumps Besuch auf Twitter, er und Trump hätten unterstrichen, dass die Taliban "eine Waffenruhe akzeptieren müssen", wenn sie wirklich ein Friedensabkommen erreichen wollten. Die Gewalt in Afghanistan hält weiter an – bei Gefechten und einer Explosion waren kurz vor Trumps Besuch innerhalb von 24 Stunden mindestens 20 Menschen ums Leben gekommen.

Beobachter hatten vergangene Woche einen Gefangenenaustausch, bei dem unter anderem westliche Taliban-Geiseln freigelassen wurden, als möglichen Schritt zur Wiederaufnahme der USA-Taliban-Gespräche gewertet. Weniger als ein Jahr vor der US-Wahl käme es Trump gelegen, einen außenpolitischen Erfolg in Afghanistan zu verzeichnen. Baustellen gibt es viele. Bisher ging weder die Strategie des "maximalen Drucks" im Atomstreit mit dem Iran auf, noch konnte Trump Nordkorea dazu bewegen, sein Atomprogramm aufzugeben. (APA, 29.11.2019)