Lisa Herzog, "Die Rettung der Arbeit", 22,– Euro / 224 Seiten. Hanser Berlin, 2019
Cover: Verlag

Ein Buch über Arbeit für die Feiertage? Das mag zunächst wie ein Geschenk aussehen, das man allenfalls seinen Feinden wünscht. Doch Lisa Herzogs mit dem Tractatus-Preis ausgezeichnetes Buch Die Rettung der Arbeit, das sich im Untertitel ein "politischer Aufruf" nennt, sei allen empfohlen, die sich Gedanken darüber machen, wie man mit der digitalisierten Arbeitswelt produktiv umgehen kann.

Bei Herzog, einer promovierten Philosophin, hat man als Leser den Vorteil, keinem Techno-Optimisten folgen zu müssen, der ein digitales Paradies heraufbeschwört; zugleich gliedert sie sich aber auch nicht in den Kanon jener ein, die sich die Zukunft der Arbeit nur als Spielwiese eines enthemmten Überwachungskapitalismus vorstellen.

Lösungsorientierte Ansätze

Herzogs Positionen sind bei aller Sorge um die im Raum stehenden Veränderungen, von denen noch niemand so genau zu wissen scheint, welche Bereiche sie am vehementesten treffen, lösungsorientiert, fast möchte man sagen: pragmatisch reformistisch.

Ihr Fokus liegt zunächst darauf, was an der Arbeit überhaupt gerettet gehört. Da kommt die Autorin schnell auf die soziale Komponente, den arbeitsteiligen Prozess zu sprechen: Darin, das Gemeinwohl an der Arbeit zu erhalten, liegt in dieser Ära einer umfassenden Transformation die Herausforderung.

Herzog pocht auf die politischen Gestaltungsmöglichkeiten und wettert gegen einen Technik-Determinismus, der die Unumkehrbarkeit einmal begonnener Anpassungen behauptet. Wer die Arbeitswelt nicht algorithmengesteuerten Entscheidungsverfahren und automatisierten Maschinen überlassen will, muss sich zuerst vom Glauben an die Alternativlosigkeit trennen.

Als Beispiele nennt Herzog neue Formen juristischer Haftung und partizipative Organisationsformen für Unternehmen wie zum Beispiel demokratische Governance-Modelle. Interessanterweise hält Herzog wenig von sozialpolitischen Forderungen wie Grundeinkommen, weil Arbeit für alle zugänglich bleiben soll. Dennoch müsse man sich von der Idee linearer Erwerbsbiografien trennen.

Gemeinschaftliche Prozesse

Hierarchische Modelle seien nur für Roboter und Algorithmen ideal, so Herzog. Bei der Arbeit von Menschen sei es nötig, flexibler, netzwerkartiger zu agieren. Wer die Suche nach Lösungen begünstigen will, müsse gemeinschaftliche Prozesse forcieren, gerne auch mithilfe digitaler Technologie.

In einer Wirtschaftswelt, in der Unternehmen mit immer perfideren Kontrollmechanismen daran arbeiten, ihre Akkumulationsprozesse zu beschleunigen, muten Herzogs Ideen etwas utopisch an. Doch am Ende wird deutlich, dass die Demokratisierung des Arbeitslebens nur mit einer neuen unternehmerischen Philosophie gelingen kann, die eine Wende bringt, die vom Raubtierkapitalismus wegführt.

Herzog geht es um die Übertragung einer Errungenschaft der Politik auf die Wirtschaft. Ihr Vorbild für die Stärkung des Gemeinwillens ist dabei älter, als man vielleicht denkt: Es sind unsere Demokratien, die es im Verein mit der Arbeit zu stärken gilt. (Dominik Kamalzadeh, 12.12.2019)