Wien – Wiener Forscher haben eine Technologie entwickelt, die der Gen-Schere CRISPR/Cas9 gewissermaßen den Feinschliff verleiht. Wie die Wissenschafter vom Institut für Molekulare Biotechnologie (IMBA) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) im Fachjournal "Nature Communications" berichten, wirkt die von ihnen entwickelte "CRISPR-Switch"-Technik besonders präzise.

Hintergrund

Wenn man sich die DNA als ein Word Dokument vorstellt, so wäre CRISPR/Cas9 der Word-Editor, mit dem sich Wörter – beziehungsweise in diesem Fall Gene – gezielt verändern lassen. Ursprünglich basiert die Technologie auf einem Trick der Evolution: Einem molekularen Abwehrmechanismus, mit dem sich Bakterien gegen Viren schützen, indem sie virale Sequenzen in ihrer eigenen DNA abspeichern und als "Suchbegriffe" verwenden, um anschließend neu eindringende Viren zu erkennen und zu zerschneiden.

Das wird nicht nur in der Forschung eingesetzt, man hofft auch auf Therapien. Erst diese Woche wurde in Deutschland bekannt, dass eine Patientin mit einer auf CRISPR/Cas9 basierenden Gentherapie erfolgreich gegen eine angeborene Bluterkrankung behandelt wurde.

An der Präzisionsschraube gedreht

Für ihre neue Technologie haben die Wissenschafter um Ulrich Elling die sogenannte "guide-RNA" optimiert. Dabei handelt es sich um jenen zellulären Suchbegriff, der die Genschere an ihr Ziel – ein bestimmtes Gen – führt. Dabei wird die "guide-RNA" unter die Kontrolle von bestimmen Proteinen ("Cre-Rekombinasen"), gestellt, die ein gezieltes Ein- und Ausschalten der Aktivität ermöglichen. Das erlaubt es, die Genschere zu unterschiedlichen Zeiten und an unterschiedlichen Orten in der Zelle effizient zu kontrollieren, teilte das IMBA mit. "CRISPR-Switch" sei dadurch "besonders schnell, robust und vielseitig einsetzbar", erklärte Krzysztof Chylinski von den Vienna BioCenter Core Facilities, der gemeinsam mit Maria Hubmann Co-Erstautor der Publikation ist.

Die neue Technologie erlaube es, erstmals Gene in definierter zeitlicher Reihenfolge auszuschalten. Dies sei gerade für die Untersuchung komplexer Krankheiten wie Krebs relevant, die durch ein zeitliches Zusammenspiel vieler Gene entstehen. "Die CRISPR-Switch-Methode kann bei der Erforschung verschiedenster Tumorarten angewendet werden, wo wir nicht nur die molekularen Vorgänge der Krebsentstehung untersuchen können, sondern auch jene noch wenig bekannte Mechanismen, die einen Tumor am Leben erhalten", sagte Elling. (red, APA, 1. 12. 2019)