Pamela Rendi-Wagner hat nicht viel falsch gemacht, nichts Dramatisches jedenfalls. Sie hat allerdings auch kaum etwas richtig gemacht. Das ist wahrscheinlich das stärkste Argument, das man gegen sie anführen kann. Sie hat sich einen Job zugetraut, dem sie nicht gewachsen ist. Sie hat sich eine Partei zugemutet, für die man mit allerhand Wassern gewaschen sein muss, das ist sie nicht.

Das spricht nicht gegen sie persönlich, aber das spricht gegen ihren aktuellen Job als SPÖ-Chefin. Sie ist nicht über sich hinausgewachsen, und das hätte sie wohl müssen, um gegen ÖVP-Chef Sebastian Kurz bestehen und um in einer Schlangengrube wie der SPÖ überleben zu können.

Rendi-Wagner, die selbst als Person für alles stünde, was die Partei jetzt bräuchte, nämlich eine Verjüngung, eine Erneuerung und eine Öffnung, hat nichts davon umgesetzt. Sie hat sich von der SPÖ einlullen lassen und alles übernommen, was schlecht ist an dieser Partei. Sie hat auf die falschen Leute gehört, sie hat die falschen Leute befördert. Rendi-Wagner hat die hölzerne Rhetorik ihrer Partei übernommen, die Unbeweglichkeit, die Unentschlossenheit, die Machtdünkel, das Abschotten gegen die Wirklichkeit. Sie ist in kurzer Zeit zu einer routinierten Parteifunktionärin der alten Schule geworden. Frisch waren dann nur noch die handwerklichen Fehler, die ihr unterlaufen sind.

Hingabe in der Zerstörung

So sehr Rendi-Wagner zur SPÖ wurde, so wenig hat sich die Partei um sie geschert. Sie fand bei den Mächtigen im Vorder- und Hintergrund kaum Hilfe und Zuspruch. In der SPÖ, die vorgibt, für die Menschen da zu sein und das größere Gemeinwohl im Blick zu haben, interessiert sich jeder nur für sich selbst. Das Bundesland kann gar nicht klein genug sein, um dennoch nicht einen Millimeter über den eigenen Tellerrand blicken zu können.

SPÖ-Parteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner.
Foto: APA/HERBERT NEUBAUER

Ihr Vorgänger Christian Kern hat in einem recht: Der größte Gegner der SPÖ sitzt in den eigenen Reihen. Die Lust am Untergang, die Hingabe in der Zerstörung sind atemberaubend. Statt Rendi-Wagner zu stützen, und sie könnte in ihrer Unbeholfenheit jede Unterstützung brauchen, wird sie aufgerieben. Und zwar im vollen Wissen, dass es derzeit keine echte Alternative gibt, bestenfalls Übergangslösungen, bis man wieder klar blickt.

Unter allen Genannten ist Peter Kaiser, der Kärntner Landeshauptmann, noch die Lichtgestalt, als Sozialdemokrat aufrecht, ein Pragmatiker, der das ideologische Rüstzeug hat, intellektuell, aber nicht zu weit von den Menschen weg, ein überlegter Handwerker der Macht, immer am Machbaren dran. Auf ihn könnte sich die Partei einigen, ohne neue Gräben aufzureißen. Bei allen anderen, ob Hans Peter Doskozil, Doris Bures oder Max Lercher, brächen innerparteilich neue, andere und schmerzliche Konflikte auf.

Aber Kaiser ist über 60, seine Strahlkraft ist in Kärnten groß, reicht aber nicht aus, um in den neuen politischen Zeiten Sebastian Kurz die Stirn bieten zu können. Kaiser könnte die Sozialdemokraten gut durch die Talsohle begleiten, die noch vor ihnen liegt, sie aber nur schwer wieder hinausführen.

Das traut man auch Rendi-Wagner nicht zu. Aber das ist nicht nur ihr eigenes Unvermögen, das ist der Zerstörungswut geschuldet, in der sich ihre Partei derzeit suhlt. Das muss man nicht bedauern. Aber eine Regierung aus Türkis und Grün wird im Sinne der politischen Hygiene eine glaubhafte, funktionierende und starke Opposition gut brauchen können. (Michael Völker, 29.11.2019)