Internorm-Chef Klinger: "Was auf lange Sicht mehr Energie verschlingen wird, ist die sommerliche Überhitzung. Das wird bei energiesparenden Überlegungen noch überhaupt nicht bedacht."

Foto: Internorm / Christian Klinger

Für den Klimaschutz muss in vielen Bereichen angesetzt werden. Das Thema der thermischen Sanierung vieler Gebäude in Österreich werde aber viel zu sehr außer Acht gelassen, kritisiert Christian Klinger, Miteigentümer von Internorm.

STANDARD: Es gibt viele Initiativen, die zur Rettung des Klimas beitragen sollen. Wie sehr beschäftigt das Thema Sie bei IFN Internorm?

Klinger: Sehr. Wir haben zuletzt ja auch einen Klimawahlkampf gesehen. Ich habe aber das Gefühl, dass sehr viel über das Thema gesprochen wird, die konkreten Ansätze fehlen jedoch.

STANDARD: Was wäre denn ein konkreter Ansatz?

Klinger: Ich denke hier an die Strafzahlungen zwischen sechs und zehn Milliarden Euro, die auf Österreich zukommen, wenn wir den CO2-Ausstoß bis 2030 nicht drastisch reduzieren. Man kann ja zum Klimawandel ideologisch stehen, wie man möchte, die Strafzahlungen sind Fakt. Die können wir höchstens nur noch minimieren. Geredet wird ja viel, tun müssen wir aber jetzt auch endlich etwas.

STANDARD: Was können wir tun?

Klinger: Im Verkehr liegt es relativ klar auf der Hand, was zu tun wäre, bei der Energieerzeugung gibt es auch schon einige Alternativen. In der thermischen Sanierung auch, darüber wird nur zu wenig geredet. Grob gesprochen ist in Österreich die Hälfte der bewohnten Gebäude sanierungsbedürftig.

STANDARD: Wie klimaschädlich sind sanierungsbedürftige Häuser?

Klinger: Fast 30 Prozent des Energieverbrauchs entfallen aufs Wohnen. Ich rede hier vom Stromfresser Klimaanlage oder ineffizientem Heizen. Ich denke, dass der CO2-Ausstoß durch Wohnen noch steigen wird, wenn wir nichts tun. Bis jetzt wurde zumindest auf die thermische Sanierung geschaut. Was auf lange Sicht aber mehr Energie verschlingen wird, ist die sommerliche Überhitzung. Das wird bei energiesparenden Überlegungen noch überhaupt nicht bedacht. Dem Gebrauch von Klimaanlagen muss man durch vernünftige Isolierung gegenwirken.

STANDARD: Was kann hier konkret getan werden?

Klinger: Es geht hier um – wie ich es nenne – energetische Optimierung. Mir ist es ein Anliegen, dass das Thema Gebäudesanierung zum politischen Thema wird. Der Schritt von Absichtserklärungen zu konkreten Maßnahmen fehlt. Die sollten auch über die Legislaturperioden hinaus wirksam sein.

STANDARD: Wie soll die energetische Optimierung aussehen?

Klinger: Es muss eine thermische Barriere zwischen drinnen und draußen gebildet werden. Mein Wohnverhalten darf aber davon nicht negativ beeinflusst werden. Die strukturelle Hülle des Gebäudes sollte so wenig Energietransport wie möglich zulassen. Da geht es um die Dämmung der Wände und Fenster. Dann gibt es noch die kontrollierte Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung. So etwas funktioniert zu 95 Prozent. Da kommt dann auch das Smart Home ins Spiel.

STANDARD: Wie kann das Smart Home bei der energetischen Optimierung helfen?

Klinger: Da schaltet sich etwa die Heizung aus, wenn ich nicht im Raum bin oder die optimale Temperatur erreicht ist. Wenn es draußen heiß ist, öffnet und schließt sich das Fenster zu den effektivsten Zeiten. Ein ferngesteuerter Sonnenschutz macht zum Beispiel auch noch Sinn. Außerdem ist ein Smart Home gar nicht so kostenintensiv, wie man sich das vielleicht vorstellt, und man spart zusätzlich noch Energie.

STANDARD: Was sagen Sie zur laufenden Debatte rund um die Einführung einer CO2-Steuer?

Klinger: Wir können keine hohe CO2-Steuer einführen. Dann würden wir vor allem die Voest aus dem Land treiben, und das will niemand. Und eine CO2-Steuer, wo jedes kleine Unternehmen so viel zahlt wie die größeren, das will ja auch kein Mensch.

STANDARD: Wie sieht Ihre Lösung aus? Was fordern Sie?

Klinger: Ich fordere ein Gesetz, was die Gebäudesanierung betrifft. Als Privatperson sage ich: Politiker sollen das wahrnehmen und handeln. Als Unternehmer sage ich: Wir können die Lösungsvorschläge im Sanierungsbereich anbieten. Am Ende des Tages geht es darum, die thermische Sanierung attraktiver zu machen. Da würde es helfen, wenn der sehr aufwendige bürokratische Teil wegfällt.

STANDARD: Was ist denn bisher in diesen Bereichen passiert?

Klinger: Man hat sich in Österreich einst zu einer Sanierungsquote von drei Prozent verpflichtet. Erreicht wurde ein bisschen mehr als ein Prozent, danach ist dieses Ziel vergessen worden. Aktuelle Maßnahmen zur thermischen Sanierung gibt es nicht. Bis zum Jahr 2021 beinhaltet der Fördertopf für thermische Sanierungen 20 Millionen Euro. Früher waren das mal 100 Millionen. Das ist eine typisch österreichische Lösung. Wir machen etwas, damit wir sagen können, wir haben etwas gemacht. 2030 wird uns früher einholen, als wir glauben. Ich kann nicht 2026 was tun und hoffen, dass ich alles aufhole. Das funktioniert so nicht. (Lena Langbauer, 2.12.2019)