Der Winter ist da – oder kommt zumindest bald.

Foto: APA/Johann Groder

Wenn man auf den Winter gewartet hat, ungeduldig wie auf die erste Liebe – und er aus diversen Gründen immer noch nicht in der Winterhungrigen Leben getreten ist –, kann man auch ein bisschen nachhelfen. Sich zum Beispiel mit wochenendbedingt überfüllten Gondeln diverser Bergbahnen über die Wälder emporschwingen, weit jenseits der Baumgrenze landen – et voilà! Der Winter fällt über die Ankommenden in der Bergstation mit einem kühlen Mantel aus Nebel und Schnee und durchdringendem Punschgeruch.

Wer allerdings mit weitläufiger Landschaft gerechnet hat, darf sich mit knirschend fester Schneedecke unter den unterschiedlich gut geeigneten Schuhsohlen und weißer Wand vor den Augen begnügen, aus der ab und an kreischende Bobfahrer in die Panoramasicht suchende Menge schießen.

Die Hölle, das sind die anderen, denkt jede einzelne der auf der Panoramaplattform zusammengedrängten Gestalten, und jede einzelne hat natürlich recht damit. Im tiefen Schnee steht eine Reihe Liegestühle bereit. Man kann in ihnen in vollkommener Nebelumhüllung rasten, im Nichts, im gedämpften Nirgendwo, und ein perfektes Symbolbild für die derzeitige politische Lage der Nation zwischen Selbstzerfleischung, Ibizierung und sanftem, verhüllendem Schweigen bilden. Nicht zu unterschätzen ist, dass sowohl in Politik als auch auf dem Berg die Witterung unerwartet umschlagen kann. (Julya Rabinowich, 2.12.2019)