Die Stelle, an der sich der Unfall ereignet hat.

Foto: APA/HERBERT-PFARRHOFER

Korneuburg – Am Landesgericht Korneuburg hat am Montagvormittag der Prozess um einen Unfall mit zwei toten Mädchen in einem an ein Elektrofahrrad gekoppelten Anhänger in Hausleiten im Bezirk Korneuburg begonnen. Der Pkw-Lenker, der mit seinem Auto gegen das Gespann gekracht war, und die Bikerin und Mutter der Kinder (knapp zwei und vier Jahre alt) müssen sich wegen fahrlässiger Tötung verantworten.

Der folgenschwere Verkehrsunfall hatte sich am Abend des 4. August auf der B19 ereignet. Der 60-jährige Wiener Autofahrer übersah und erfasste das Gespann "bei fortgeschrittener Dunkelheit" auf einem geraden Straßenabschnitt im Freilandgebiet, wie der Staatsanwalt in seinem Eröffnungsvortrag festhielt. Die knapp Zweijährige starb an Ort und Stelle, ihre ältere Schwester erlag im Wiener Krankenhaus SMZ Ost den Verletzungen. Da die Mutter ebenfalls Blessuren davontrug, musste sich der 60-Jährige auch wegen fahrlässiger schwerer Körperverletzung verantworten.

Keinen Helm, keine Rücklichter, keine Rückstrahler

Der 39-jährigen Bikerin sind laut Anklage drei Regelverstöße anzulasten. Die Kinder trugen keinen Helm, der Anhänger hatte keine Rücklichter sowie keine Rückstrahler, die mindestens eineinhalb Meter hohe Fahnenstange mit Wimpel fehlte ebenfalls. "Das war zu einem großen Anteil auch kausal für den Unfall", sagte der Vertreter der Anklagebehörde – die Staatsanwaltschaft erachtet die Fahrlässigkeit der Bikerin als grob. Zudem sei der Fahrradanhänger für den Transport gar nicht geeignet gewesen: "Er hat eine Nutzlast von 20 Kilogramm, an diesem Tag waren aber zwei Kinder und zwei Hunde in dem Anhänger."

Die Mutter der beiden Mädchen bekannte sich schuldig. "Ich habe auf einmal nur einen Stoßer gespürt", schilderte sie in Bezug auf das Unfallgeschehen. Danach sei sie in einem Acker zu sich gekommen. Sie habe an diesem Abend mit dem Gespann von der Wohnung ihres Freundes aus noch heimkommen wollen, bevor es "komplett finster wird". Auf dem Weg sei sie immer am rechten Fahrbahnrand unterwegs gewesen, bekräftigte die Niederösterreicherin.

Die Beschreibung des Anhängers und dass dieser nicht mit einem E-Bike verwendet werden soll, habe sich nicht gelesen. Normalerweise hätten die Kinder stets einen Helm getragen, führte die Mutter aus. Die beiden Mädchen hätten sich aber an diesem Tag vehement gegen den Kopfschutz gewehrt.

"Nichts gesehen"

Nicht schuldig bekannte sich der Lenker des Pkws. "Weil ich nichts gesehen habe", wie der 60-Jährige betonte. Auf den Vorhalt von Richter Dietmar Nußbaumer, ob er das Gebot des Fahrens auf Sicht verletzt habe, blieb der Angeklagte unkonkret. Aufgrund der fehlenden Beleuchtung des Anhängers sei die Mutter der Kinder im Grunde selbst schuld am Geschehenen.

Der 60-Jährige schilderte, dass er am Unfallabend am Heimweg von einem Heurigenbesuch gewesen sei, in dem Lokal habe er ein Achtel Wein getrunken. Auf dem entsprechenden Abschnitt der B19 sei er mit etwa 70 bis 80 km/h unterwegs gewesen. Nach einem Kracher habe er dann am rechten Fahrbahnrand eine Frau gesehen. "Ich bin aus dem Auto, dorthin gelaufen und war schockiert", sagte der österreichische Staatsbürger mit türkischen Wurzeln. Was passiert ist, tue ihm leid. "Ich lebe einen Albtraum seitdem."

Der Verkehrsunfall hatte im August für großes Aufsehen in der Öffentlichkeit gesorgt. Verkehrsminister Andreas Reichhardt sah Handlungsbedarf und ließ die Beförderung von jungen Menschen auf beziehungsweise mit Fahrrädern untersuchen und evaluieren. (APA, 2.12.2019)