Ein witziger Regieeinfall, der sich aber inhaltlich nicht einlöst: Alia Luques Figuren in "italienische Nacht" hängen an Strippen.

Foto: Alexi Pelekanos

Eine in sich zerraufte Linke, das kommt uns bekannt vor. Auch im bayerischen Murnau hat sie 1931 einen schweren Stand. In Ödön von Horváths Stück Italienische Nacht billigt nämlich der eine Republikaner nicht, was der andere tut. Dem Martin (Silja Bächli) ist der Haufen nicht links genug, dem Altvorderen (Michael Scherff) ist der Martin dagegen zu radikal. Statt sich also den aufmarschierenden Faschisten (Tilman Rose) geeint in den Weg zu stellen, sind die Verteidiger der Demokratie (Tobias Artner, Tim Breyvogel) miteinander befasst.

Alia Luque inszeniert den Abend im Niederösterreichischen Landestheater mit Lederhosen und beschwingter Drehleiermusik vor der aufgemalten Kulisse eines Alpendorfs (Christoph Rufer) als Puppenspiel. Ihre Darsteller hängen wie Marionetten an Stricken, schlottern mit knieweichen Schritten über die Bühne und heben mit klappernden Armen wackelnd ihre Bierkrüge zum Mund. In jedem dieser famosen Holzimitate (Training: Rotraud Kern) scheinen mehr zitternde Glieder als Knochen zu stecken.

Komplizierte Technik

Das ist ein Heidenspaß – bis die Figuren nach fünf Minuten zu sprechen beginnen: Ihre Worte leiern wie die Drehorgelmusik. Denn sie bringen gerade so viel Emotion auf, wie Holzpuppen eben imstande sind. Wo auf den Tisch gehaut gehörte, bleiben sie kraftlos.

Horváth zuzuhören lohnt trotzdem. Marthe Lola Deutschmann spielt das Mädchen Leni, das unpolitisch scheint, aber aus Menschenkenntnis eine Abneigung gegen die Faschos hat, weil die im Rudel so "eingebildet selbstsicher" werden. Erst wenn auf dem Häusl wieder erotische statt politische Sprüche geschmiert stehen, wird das Land Frieden haben, weissagt derweil der Wirt.

Weil Marionetten komplizierte Geschöpfe sind, dauern die begleitenden kunstvollen Bewegungen (Bettina Kerl komplettiert das rollentechnisch abgespeckte Ensemble) allerdings extra lang. Das macht den sympathischen Abend leider allmählich zäh, und der eine große Regieeinfall verheddert sich letztlich in seinen Strippen. (Michael Wurmitzer, 2.12.2019)