Von der Machtfülle, über die Öbag-Alleinvorstand Thomas Schmid verfügt, konnten die Verstaatlichten-Verwalter der vergangenen 20 Jahre nur träumen.

Foto: HO / Öbag

Wien – Im Lichte der Vorgänge rund um die Casinos Austria und ihres staatlichen Kernaktionärs Öbag sowie ihrer Proponenten rückt auch die neue Rolle der Öbag als Haftungs- und Kreditgeber für strategisch bedeutsame österreichische Unternehmen ins Blickfeld. Denn im Gegensatz zu ihren Vorgängerinnen ÖIAG und Öbib darf die Öbag nicht nur ihre Anteile – von OMV über Post und Telekom Austria bis zu Verbund und Bundesimmobiliengesellschaft – verwalten, sondern auch Unternehmen zukaufen.

Allerdings nur Minderheitsbeteiligungen. Mehrheitsübernahmen etwa eines vor einem Take-over durch einen ausländischen Konzern stehenden Unternehmens sind der Öbag untersagt. Das steht auch in der von Finanzminister Eduard Müller am 25. Juli veröffentlichten Mitteilung.

Mehrheitskontrolle möglich

Bewegen lässt sich freilich auch mit Sperrminoritäten (25 Prozent plus eine Aktie) einiges, denn die Öbag könnte sich mit anderen Investoren(gruppen) zusammentun und so ihren auf den ersten Blick eher schwachen Hebel deutlich verstärken. Im Syndikat mit anderen Aktionären darf die Öbag nämlich sehr wohl eine Anteilsmehrheit oder eine kontrollierende Mehrheit erlangen.

Heuer könnte die Öbag aus diesem Titel rund 350 Millionen Euro in die Hand nehmen, was sich in der Praxis nicht mehr ausgeht. Denn laut Müllers Mitteilung steht für Standortmaßnahmen "der Durchschnitt der von der Öbag in den vorangegangenen beiden Geschäftsjahren an den Bund ausgeschütteten Dividenden" zur Verfügung. Dieser wird um den direkt an den Bund ausgeschütteten Gewinn der Verbundgesellschaft aufgedoppelt. Denn die Öbag verwaltet zwar die Verbund-Anteile, sie ressortieren aber beim Finanzministerium.

Dieser Betrag macht schon was her, zumal die Berechnungsgrundlage in einem Geschäftsjahr um hundert Prozent überschritten werden kann. Im Fall des Falles darf die Öbag also doppelt so viel ausgeben. Das allerdings nicht ad infinitum. Denn Müller hat in Punkt 3.3 ein Gesamtlimit festgeschrieben, das nie überschritten werden darf. "Das Gesamtvolumen des für sämtliche Standortmaßnahmen (...) eingesetzten Kapitals darf zu keinem Zeitpunkt 150 Prozent der Berechnungsgrundlage überschreiten", heißt es wörtlich.

Ausgelagertes Risiko

Dafür sind Minderheitsbeteiligungen, Kredite, Garantien und sonstige Finanzierungen zusammenzuzählen und ein eigener Rechnungskreis einzurichten, über den gegenüber dem Bundesminister für Finanzen alljährlich (bis spätestens Ende April) Rechenschaft abzulegen ist. Wie die Öbag-Bilanz ist auch dieser Report vom Wirtschaftsprüfer zu prüfen, und er hat "spezifische Informationen betreffend Einbringlichkeit und Risikogehalt zu enthalten". Sanierungsfälle darf die Öbag übrigens nicht kaufen.

Allein darf der gegenüber seinem Vorgänger an Einfluss und Macht deutlich aufgewertete Öbag-Alleinvorstand Thomas Schmid dabei übrigens nicht schalten und walten. Wohl ist kein Regierungsbeschluss notwendig, aber bei der Öbag ist ein vom Öbag-Aufsichtsrat unabhängiges Beteiligungskomitee einzurichten, das bei Investments ebenso mitredet wie bei Garantievergabe, Kreditaufnahme . Selbiges Gremium kann sich Öbag-Vorstand Thomas Schmid praktischerweise selbst einrichten. Er muss dabei zwar das Aufsichtsratspräsidium unter Vorsitz von Präsident Helmut Kern einbinden, die Ministerialbürokratie ist aber außen vor. Das sahen bereits vor der Gesetzwerdung im Vorjahr sowohl Justizminister Josef Moser (ÖVP) kritisch als auch Arbeiterkammer und ÖGB, denn das Finanzministerium bekommt weniger Dividenden aus den Staatsbeteiligungen, kann beim Einsatz der Mittel über die Öbag aber nur eingeschränkt mitreden.

Fünf bis neun Experten

Wer diese fünf bis neun "von den Organen der Öbag unabhängige Personen mit einschlägiger Erfahrung" sind, war am Montag nicht in Erfahrung zu bringen. Der Besetzung des Beteiligungskomitees seien Ibiza und Koaltionskrach in die Quere gekommen, sagen Insider des Finanzministeriums. (Luise Ungerboeck, 3.12.2019)