Die Grazer Forscher arbeiten den Wirkstoff LPC in das Wachs ein, aus dem die Bienen dann im Stock die Waben bauen.

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Heimische Bienen sind zahlreichen Stressfaktoren ausgesetzt: Neben Pestiziden, vermindertem Nahrungsangebot durch Monokulturen und der Varroa-Milbe sind sie auch von einer Reihe von Krankheiten bedroht. Eine besonders gefährliche ist die weltweit auftretende Amerikanische Faulbrut, die die junge Brut befällt. Infizierte Bienenvölker müssen in Europa verbrannt werden, um ein Ausbreiten des Erregers zu verhindern. Nun aber haben Forscher an der Universität Graz eine Strategie entwickelt, die junge Brut gegen den Erreger zu stärken: Mit einer Substanz, die sie im Bauch ausgewachsener Bienen gefunden haben.

Große Verluste durch die Faulbrut

Weltweit werden Jahr für Jahr ganze Bienenvölker von einem bakteriellen Erreger heimgesucht, der die Larven in den Waben verfaulen lässt. Imker erleiden beträchtliche Verluste, aber auch die Landwirtschaft wird in Mitleidenschaft gezogen, weil durch die zurückgehenden Bienenbestände der Bestäubungsgrad reduziert wird. Da der Einsatz von Antibiotika zur Bekämpfung der Faulbrut in vielen Ländern, darunter auch in Österreich, verboten ist, müssen derzeit befallene Stöcke vernichtet werden.

Wissenschafter suchen daher intensiv nach wirksamen Strategien gegen die krankmachenden Bakterien. Diese vermehren sich im Darm der Larven, können adulten Bienen aber nichts anhaben – diese Erkenntnis führte ein Grazer Forscherteam auf die richtige Spur. Es hat letztlich nicht nur eine Substanz gefunden, die das Wachstum der grampositiven Bakterien unterdrückt, sondern auch einen Weg, wie sie am besten zur Brut kommt.

Lysophosphatidylcholin macht Imkern Hoffnung

Lysophosphatidylcholin – kurz LPC – heißt die Substanz, die Imkern wieder Hoffnung machen könnte. "Die lecitinähnliche Substanz kommt im Mitteldarm von erwachsenen Honigbienen vor und macht sie gegen die Faulbrut resistent", erklärte Wolfgang Schühly, Leiter der Arbeitsgruppe Bienengesundheit an der Universität Graz.

In mehreren verschiedenen Versuchen haben die Grazer Biologin Ulrike Riessberger-Galle, Wolfgang Schühly und Javier Hernández Lopez bereits gezeigt, dass der im Darm von adulten Bienen vorkommende lipidartige Naturstoff das Bakterienwachstum unterdrückt und den Ausbruch von Faulbrut bei Larven inhibieren kann. Die Verwendung von LPC gegen das sporenbildende Bakterium Paenibacillus larvae, welches für die tödliche Erkrankung der Bienenbrut an Amerikanischer Faulbrut verantwortlich ist, wurde bereits patentiert.

Im Wachs verpackt

Das antibakteriell wirkende Phospholipid kann problemlos auch aus Hühnereigelb gewonnen werden, die Verabreichung an die Tiere blieb bisher jedoch noch eine Herausforderung, führte Schühly aus. An der Uni Graz haben die Forscher auch dafür eine Lösung gefunden: Sie mengen LPC dem Bienenwachs bei, aus dem die Wachswabenplatten gegossen werden, die den Bienen standardmäßig als Wabenbauhilfe bereitgestellt werden. Bringen die erwachsenen Bienen Futtersaft in die Wabe, wird das LPC aus der Wabe gelöst und löst sich im Saft auf. In ersten kleinen Test mit rumänischen Bienenvölkern habe dieser Ansatz bereits funktioniert.

"Wir konnten sehen, dass sich die Konzentrationen des Stoffs in den Larven erhöht und die natürliche Immunabwehr unterstützt wird", berichtete der Grazer Chemiker. Nun wollen die Forscher der Uni Graz die Behandlungsmethode zur Marktreife bringen. Sie erproben ihre Methode in Feldversuchen in Spanien, wie auch dem Süden der USA, wo die Faulbrut gehäuft auftritt. Die Forschungsförderungsgesellschaft FFG unterstützt das Team bei der Demonstration der Praxistauglichkeit der entwickelten Schutzmaßnahme mit einem "Spin-off-Fellowship" in der Höhe von rund 350.000 Euro. (red, APA, 4.12.2019)