Banksys Parodie auf das britische Unterhaus ("Devolved Parlament") aus dem Jahr 2009 gewann im Umfeld der Brexit-Debatte an Aktualität.

Foto: Sotheby’s

Der Zeitpunkt, eine Parodie auf das Unterhaus des Parlaments der Briten auf den Markt zu bringen, hätte nicht perfekter gewählt sein können. Das gefühlt ewige Hin und Her rund um den Brexit glich längst einem Affentheater.

Das passende Gemälde hatte der britische Street-Art-Künstler Banksy bereits 2009 geschaffen: Es zeigt die klassische Szene einer Fragestunde im historischen Sitzungssaal der Kammer und Affen als Akteure. Genauer Schimpansen, die das Schaffen des Künstlers seit 2002 bevölkern.

Seit 2011 war das Ölbild in Privatbesitz und gewann wegen des Motivs mit der Brexit-Debatte zunehmend an Aktualität. Der Eigentümer nutzte die Gunst der Stunde. Einem Gastspiel im Bristol Museum & Art Gallery (März bis September) folgte Anfang Oktober die Versteigerung des Bildes ("Devolved Parlament").

Ein Zugewinn zum einstigen Kaufpreis war im Vorfeld absehbar, überraschte in seiner Dimension dann aber doch. Statt der vom Auktionshaus Sotheby’s in Aussicht gestellten 1,5 bis zwei Millionen Pfund wechselte das Bild Anfang Oktober für fast zehn Millionen Pfund oder umgerechnet mehr als elf Millionen Euro in London den Besitzer.

Persiflage mit langer Tradition

Die Reaktionen auf nachfolgende Medienberichte fielen ambivalent aus. Jedoch nicht aufgrund des Kaufpreises, sondern wegen des Sujets. Die Mehrheit amüsierte sich über die leicht boshafte Satire. Andere ereiferten sich über die plumpe Schmähung und demokratiefeindliche Polemik, denn Parlamentarier mit Schimpansen zu vergleichen sei unerhört.

Tatsächlich wird oftmals verkannt, dass diese Form der Persiflage eine lange Tradition in der europäischen Kunst- und Kulturgeschichte hat, an die Künstler unterschiedlicher Generationen bis in die Gegenwart anknüpfen.

Im Falle des 2007 verstorbenen Jörg Immendorffs versinnbildlicht der Affe etwa das zweite Ich und symbolisiert die Ambivalenz der Künstlerexistenz, der Überzeugung oder der Selbstzweifel. Zeitgleich stehen seine Affen auch für das häufig auf Egoismus basierende Verhalten von Menschen und mahnen auf humorvolle Weise, uns in unserem Gebaren nicht immer allzu ernst und wichtig zu nehmen.

Veranschaulichung menschlichen Verhaltens

Die Idee, Tieren menschliche Eigenschaften und Verhaltensweisen angedeihen zu lassen, war schon in der Antike ein probates Mittel: um menschliches Handeln auf eine parodistische Weise zu veranschaulichen und aus vermeintlich animalischem Fehlverhalten lehrreiche Schlüsse für das humane Leben zu ziehen.

Vor diesem Hintergrund entwickelte sich auch die teilweise politisch instrumentalisierte Tradition der Fabel. Über Jahrhunderte ergänzten der Welt der Fauna entnommene Darsteller das Motivprogramm aller Kunstgattungen.

Im Mittelalter kam der Affe hinzu, den man aufgrund seiner Fähigkeit der Nachahmung ("Nachäffen") zur konvenablen Spezies zur Veranschaulichung menschlichen Verhaltens erkor: manchmal mit fanatischem, dann wieder mit komischem oder eben alltagstypischem Charakter.

Im 16. Jahrhundert entstand daraus eine eigene und wegen ihres Unterhaltungswerts gefragte Motivgattung in der flämischen Malerei, genannt Singerie ("Affentrick"). Daran knüpften nachfolgende Generationen von Künstlern des 17. Jahrhunderts an. Zu den Hauptvertretern gehörte der Künstler David Teniers der Jüngere und sein Bruder Abraham.

Letzterer ist mit zwei exemplarischen Werken im Bestand des Kunsthistorischen Museums Wien vertreten: einerseits die lebhafte Szenerie einer "Barbierstube mit Affen und Katzen", andererseits das "Tabakskollegium von Affen" mit Pfeife rauchenden Protagonisten in einem Rauchersalon.

Historischer Tulpenwahn

Auch in den Ateliers der Malerdynastie Breughel entstand eine Reihe von Werken dieses Genres. Ein ob des Themas besonders kurzweiliges Beispiel aus einer österreichischen Privatsammlung kam im Herbst 2011 beim Auktionshaus im Kinsky in Wien zur Versteigerung: "Allegorie der Tulipomanie" titelte das von Jan Brueghel dem Jüngeren in den 1640er-Jahren entstandene Gemälde, das für stattliche 92.500 Euro den Besitzer wechselte. Es thematisierte den historischen Tulpenwahn, der als erste gut dokumentierte Spekulationsblase in die Wirtschaftsgeschichte eingegangen war.

Die Familie Breughel war selbst indirekt davon betroffen. Die wegen der Exaktheit ihrer naturalistischen Darstellung berühmten Blumenstillleben setzten ein genaues Studium voraus. Zu diesem Zweck wurde der Großteil der Blumen gepflückt oder auf dem Markt gekauft. Die Tulpen waren in den 1630er-Jahren jedoch unleistbar teuer geworden, weshalb die Künstler nach Brüssel reisen mussten, um diverse Sorten im Park der Erzherzöge vor Ort im Detail zu inspizieren.

Das Gemälde Jan Breughels des Jüngeren, das einzelne Sequenzen aus der Chronik der "Tulipomanie" schildert, war folglich als Mahnung zu verstehen, die in vermeintlich unterhaltsamer Form leichter zu verdauen war: die durch Gier ausgelöste Dummheit der Menschen. Ein Thema, das nicht aktueller sein könnte. (Olga Kronsteiner, Portfolio, 6.12.2019)


Legendäre Affenkapelle

18. Jahrhundert: Rund 25 Darsteller umfasst das Orchester aus Meissen.
Foto: Dorotheum

Im Figurenrepertoire der Meissner Porzellanmanufaktur gaben Primaten im 18. Jahrhundert ihr Debüt. Zum erfolgreichsten Serienprodukt avancierte die 1747 vom Modelleur Johann Joachim Kaendler kreierte Affenkapelle.

Die Darsteller: rund 25 mit großer Hingabe und unter der Leitung eines lebhaft gestikulierenden Dirigenten musizierende Äffchen, in zeittypischer Mode gekleidet. Eine der ersten Serien soll, wie Aufzeichnungen des Pariser Kaufmanns Lazare Duvaux vom 24. Dezember 1753 dokumentieren, die kunstsinnige Madame de Pompadour erworben haben.

Wegen ihres fremdartig anmutenden Aussehens erfreute sich dieses Ensemble allgemeiner Beliebtheit. Die Figuren konnten sukzessive einzeln erworben werden, das motivierte die Klientel zum Sammeln. Für die Manufaktur war damit ein größerer wirtschaftlicher Erfolg gewährleistet. Daran knüpfte Meissen 2006, anlässlich des 300. Geburtstags Kaendlers, mit einer limitierten Auflage von 30 Orchestern samt neuem Tamburinspieler an.


Historische Spekulation mit Tulpen

17. Jahrhundert: Durch Gier ausgelöste Dummheit des Menschen.
Foto: Im Kinsky

Um 1640 betätigte sich Jan Brueghel der Jüngere mit der Allegorie der Tulipomanie als Chronist der ersten dokumentierten Spekulationsblase in der Wirtschaftsgeschichte: 1623 kostete eine einzige Zwiebel der Sorte Semper Augustus stolze 1000 Gulden, von 300 Gulden konnte man dagegen eine Familie ein Jahr ernähren.

In den 1630er-Jahren avancierten einzelne Tulpen sogar zum Zahlungsmittel, wie ein dokumentierter Hausverkauf belegt. Brueghel setzte für sein Bild Affen als satirische Verkörperung der Menschen ein: Spekulanten (in roten Kutten) gehören ebenso dazu wie Spielernaturen, die ihr letztes Geld für eine Tulpe opfern, die teurer als ein gemaltes Bild oder Silberkannen waren.

Enttäuschte Käufer pissen auf die teuerste Tulpensorte, andere verhandeln noch (fechtend), während Kaufmänner (in grünem Wams) um neue Investoren werben oder Buchhalter einzelne Zwiebeln in Gold aufwiegen. Und es finden sich auch solche Protagonisten, die alles verspielt hatten und – unter Prügeln der Ehefrau – vor dem Kadi landeten.


Protest mit Schokobananen

21. Jahrhundert: Sinnbild närrischer Verhaltensweise zivilisierter Menschen.
Foto: Lambert Gierlinger

2012 versetzte eine gut fünf Meter hohe Bronzeskulptur von Jörg Immendorff aus dem Jahr 2006 die Festspielstadt Salzburg, konkret eine politische Fraktion der Stadt, in hellsten Aufruhr. Das aus fünf Affenfiguren gestaltete Affentor gastierte als Leihgabe einer Privatsammlerin im Museum der Moderne Salzburg und wurde temporär auf dem Platz vor dem Festspielhaus aufgestellt.

Bereits im Vorfeld trieb das die FPÖ auf die Barrikaden. Gertraud Schimak, damals Gemeinderätin (bis 2014), beklagte einen "negativen Höhepunkt in der städtischen Kulturpolitik" und bezeichnete das Werk als "künstlerisch fragwürdig und unästhetisch".

Auch nach der Aufstellung mobilisierte die FPÖ, die eine "Verbannung in den Zoo Hellbrunn" vorschlug, weiter gegen das Affentor, wenngleich erfolglos. Als Zeichen des Protests verteilte man Schokobananen an Passanten. (Olga Kronsteiner, Portfolio, 2019)