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Greta Thunberg an Bord des Katamarans La Vagabonde, mit dem sie den Atlantik überquert hat. Die 16-Jährige kam am Dienstag in Lissabon an und reist weiter nach Madrid zum Klimagipfel.

Foto: REUTERS/Rafael Marchante

Und dann war sie wieder in Europa: Am Dienstagvormittag kam die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg im Hafen der portugiesischen Hauptstadt Lissabon an. Zuvor war sie fast drei Wochen über den Atlantik gesegelt. Nach einem Tag der Ruhe und Treffen mit portugiesischen Aktivisten wird sie am Klimagipfel im spanischen Madrid teilnehmen.

Woran sie allerdings nicht teilnehmen wird, ist die Verleihung des Alternativen Nobelpreises in ihrem Heimatland Schweden am Mittwoch. Und das, obwohl sie eine der Preisträgerinnen ist. Der Right Livelihood Award, wie die Auszeichnung offiziell heißt, geht bereits zum 40. Mal über die Bühne und geht auf einen Mann zurück: Jakob von Uexküll, der einer deutsch-baltischen Adelsfamilie entstammt und in Schweden geboren wurde.

Schock durch AKW

Der heute 75-Jährige hatte in den 1970er-Jahren beschlossen, etwas gegen die wachsende ökologische und soziale Bedrohung der Erde zu unternehmen. Damals war Uexküll geschockt, weil seine Kindheitsumgebung durch ein Atomkraftwerk nahe Norrköping verwüstet wurde.

Zuerst versuchte er, das Nobelpreiskomitee zur Einführung einer Kategorie für Umweltschutz und Entwicklung zu überzeugen. Gleichzeitig bot er dem Komitee dafür finanzielle Unterstützung an. Uexküll hatte als Kind von seinem Vater Gösta eine Briefmarkensammlung erhalten. Alles, was er dafür machen musste, war, seine Spielzeugpistolen abzugeben. Sein Vater war nämlich überzeugter Pazifist und duldete keine Waffen im Haus.

Angst vor Präzedenzfall

Im Laufe der Jahre war die Sammlung dann auf einen Wert von rund einer Million US-Dollar angewachsen. Das Nobelpreiskomitee lehnte seinen Vorschlag aber ab – wohl um keinen Präzedenzfall für weitere Preiskategorien zu schaffen. Anregungen, die Kategorien der offiziellen Nobelpreise zu erweitern, etwa für Mathematik oder Landwirtschaft, gab es auch schon davor.

Uexküll beschloss, einen unabhängigen Preis zu stiften. Er verkaufte zu diesem Zweck seine Briefmarkensammlung. Im Jahr 1979 war es so weit und Jakob von Uexküll rief die Right-Livelihood-Award-Stiftung ins Leben. Deren Ziel ist es seither, alljährlich Menschen zu ehren und zu fördern, die an "praktischen und beispielhaften Lösungen für die drängendsten Herausforderungen, mit denen die Welt heutzutage konfrontiert ist, arbeiten".

Dreimal Österreich

Insgesamt 178 Menschen und Organisationen aus 70 verschiedenen Ländern erhielten den Alternativpreis. Darunter befinden sich mit Leopold Kohr, Robert Jungk und Erwin Kräutler auch drei Österreicher. Der Nationalökonom und sich als Anarchisten bezeichnende Kohr erhielt den Preis 1983 für sein Pionierdenken zur Beschränkung auf das menschliche Maß ("small is beautiful"); der Zukunftsforscher Robert Jungk bekam drei Jahre später einen für seine Bemühungen um eine atomwaffenfreie, friedliche Welt. Beide stammten aus Salzburg, beide starben im Jahr 1994, Jungk zwei Jahre nachdem er als Präsidentschaftskandidat der österreichischen Grünen angetreten war.

Der in Vorarlberg geborene brasilianische Bischof Erwin Kräutler wurde 2010 in Stockholm für seinen Kampf um die Rechte der indigenen Bevölkerung in seiner Diözese Xingu und die fortschreitende Zerstörung des Amazonasregenwalds gewürdigt. Die drei Männer befinden sich in illustrer Gesellschaft, zu der etwa Astrid Lindgren, Johan Galtung, Bianca Jagger, Edward Snowden sowie Wangari Maathai und Denis Mukwege zählen. Die beiden Letzteren erhielten später auch den Friedensnobelpreis.

Raus aus dem Reichstag

Die Verleihung der Preise fand dreieinhalb Jahrzehnte lang im Schwedischen Reichstag statt. 2016 beendete die Parlamentsverwaltung diese Tradition aus wenig einleuchtenden formalen Gründen. In der Stiftung vermutet man bis heute, dass die Entscheidung vielmehr eine Spätfolge der Preisvergabe an Snowden war. Die Preise werden seit damals im Vasa-Museum überreicht.

Anlässlich der 40-Jahr-Feier wird die Verleihung nun im Cirkus-Theater in Stockholm stattfinden – und erstmals der Allgemeinheit offenstehen. Der Cirkus wurde im 19. Jahrhundert als fixer Ort für Zirkus-Darbietungen errichtet. Heute wird das 1650 Zuschauer fassende Gebäude nahe dem Vergnügungspark Gröna Lund vorwiegend für Konzerte und Musicalaufführungen genützt.

Zum Festakt haben sich auch verschiedene Künstler angesagt, darunter der argentinisch-schwedische Folk-Sänger José González und die norwegische Sami-Songwriterin Ane Brun. Außerdem ist geplant, Edward Snowden per Video-Link aus Moskau zuzuschalten.

Auch wenn sie nicht selbst anwesend ist, wird Greta Thunbergs Preis abgeholt. Zwei Aktivistinnen der Bewegung Fridays for Future werden die Auszeichnung statt der 16-Jährigen in Empfang nehmen. (Andreas Stangl, 4.12.2019)