In Livade, einem kleinen Städtchen im Zentrum von Istrien, mitten im Trüffelgebiet, besuchen wir den Trüffelmarkt. Was ich mir als einen dörflichen Markt mit kleinen Ständen der einzelnen Trüffelsucher vorgestellt habe, erweist sich als eine professionell organisierte, glitzernde Verkaufsshow. Von Tabletts mit ganzen Trüffeln bis zu Pasten und Trüffelöl ist alles dabei. Die kleinsten Knollen des schwarzen Trüffels kosten ungefähr 20 Euro, etwa fünf Zentimeter große liegen bei einem Wert von über 100 Euro. Nichts wird lautstark angeboten, niemand schreit. Die Besucher sprechen in eher gedämpften Ton, auch die, die schon mehrere Gläser probiert haben. Niemand fällt aus der Rolle. Manche tun geziert vornehm, andere benehmen sich so, als würden Trüffeln zu ihrer täglichen Speise gehören. Ihnen gehören wohl die Nobelkarossen mit Wiener oder Grazer Kennzeichen draußen auf dem Parkplatz oder die Sportwagen aus Venedig und Mailand. Draußen, am Sportplatz, findet eine Dressur von Trüffelhunden statt.

Trüffeln am Markt.
Foto: jozsef wieszt

Die Suche kann beginnen

Mit Spannung erwarten wir unsere Trüffelsuche am folgenden Tag in Motovun, einem Nachbarort. Etwa zehn Personen warten bereits auf dem Hof vor den Käfigen mit den Trüffelhunden. Aus der Schweiz, aus Österreich, Deutschland, Hong Kong und aus den USA waren die Teilnehmer. Eine Frau von etwa dreißig Jahren begrüßt und erzählt uns einführend etwas zur Geschichte der Trüffelsuche in ihrer Familie. Die Anfänge liegen über sechzig Jahre zurück, als ihr Großvater mit einem Freund begann, Trüffelführungen für Fremde durchzuführen. Inzwischen hat sich das Familienunternehmen zu einem ansehnlichen Betrieb entwickelt, der die begehrten Knollen in ganz Europa, in die USA, nach Kanada, Australien, und neuerdings auch nach Singapur und Südkorea versendet. Während der Saison sammeln heute an die 200 Menschen für die Familie.

Mit den Hunden im Dickicht

Die Hunde veranstalten ein lautes Spektakel, springen in ihren Käfigen herum und bieten sich als Begleiter für die bevorstehende Suche an. Zwei Italienische Wasserhündinnen, Candy und Betty, sowie eine der Rasse Deutschen Kurzhaar, Nejla, werden ausgewählt. Mit unserem Begleiter, Sanjin, geht es ins Tal. Trüffeln suchen im Tal, wo doch die lichten Eichenwälder auf den Bergen hinter uns liegen? Aber: Wir suchen nicht die schwarzen Trüffeln oben in den Eichenwäldern, sondern die weißen, die hier unten wachsen. Auf ausgetretenen Pfaden gehen wir in einen Auwald mit viel Unterholz. Die Sicht beträgt kaum mehr als zwanzig bis fünfzig Meter. Die Hunde laufen um uns herum durchs Gestrüpp und schnüffelten eifrig auf dem Boden umher. Sanjin ermuntert sie zur Suche. Es klingt ungefähr so: "Nejla, schuff, schuff, Candy, schuff schuff!" Wenn eine der Hündinnen etwas länger an einer Stelle schnüffelte und zu graben begann, stürzte Sanjin zu ihr hin und hielt sie zurück. Mit seiner freien Hand und auch mit Hilfe einer kleinen Schaufel lockert er die Erde und riecht daran. Seine Erfahrung sagt ihm, ob tatsächlich eine Knolle in der Erde ist. Sind die Hund fündig geworden, gräbt er die Trüffel vorsichtig aus und zeigt sie uns stolz. Wir reichen sie in der Gruppe herum und schnuppern an der stark riechenden Knolle.

Die Hunde schnüffeln nach Trüffeln.
Foto: jozsef wieszt

Geschichte der Trüffelsuche

Ab und zu bleib unser "truffle hunter" stehen und erzählt uns etwas zur Geschichte der Trüffelsuche in Istrien. Die Bauern und Waldgänger hatten schon immer Trüffeln gesucht. Aufmerksam wurden sie auf die Pilze durch ihre Schweine. Die wurden früher im Herbst zur Eichelmast in die Wälder getrieben. Wenn sie eine Trüffel gefunden hatten, wühlten sie die Knolle heraus und fraßen sie. So wurden ihre Besitzer auf die Funde hingewiesen und probierten sie selbst. Sie haben ihnen geschmeckt. Also begannen sie, die Schweine als Suchtiere zu nutzen. "Daher stammen die Fotos von den an Leinen geführten Schweinen, die ihr alle kennt. Dann kamen einige auf den Gedanken, Hunde für diese Arbeit abzurichten. Sie eignen sich dafür sehr gut und sind besser zu transportieren. Stellt euch einmal vor, ich hätte drei Schweine in meinem Kofferraum transportieren müssen."

Während dieses kleinen Vortrags haben die Hunde in unserer Umgebung herumgeschnüffelt. Jemand ruft plötzlich: "Nejla gräbt!" Sofort stürmen wir alle in die Richtung. Sanjin ist stets als Erster zur Stelle und hält die Hunde zurück. Nicht nur, um sie am Fressen zu hindern, sondern auch, damit sie die Knollen nicht mit ihren Krallen zerstören. Der Trüffel hatte schon einen größeren Umfang als der erste. Zur Belohnung erhält die Finderin eines von den Trüffelstückchen, die ihr Herr in der Hosentasche mit sich trägt. Dann ruft er wieder "Nejla, schuff, schuff, Betty, schuff, schuff!, und die Suche beginnt erneut. Nicht immer, wenn die Hunde zu graben, finden sie auch eine Trüffel. Sie graben auch an früheren Fundorten, wo die Erde noch stark nach Trüffeln riecht. Bei einem weiteren Halt erzählt er uns, dass Trüffelsucher eine Lizenz besitzen müssen, dass also nicht jeder nach diesem Gold Istriens graben darf. Die Familie seines Arbeitgebers besitzt neben zwei oder drei anderen eine solche Lizenz. Er sei einer der wenigen Festangestellten. Die übrigen suchen nur während der Saison.

Die gefundenen Trüffeln.
Foto: jozsef wieszt

Die Trüffeljäger

Zwei weitere Trüffeln kann Sanjin auf der Trüffeljagd noch ausgraben. Dann ist unsere Zeit um. Vier weiße Trüffeln in zwei Stunden. "Das ist gut," meint der Jäger. "Manchmal finden sie mehr, manchmal auch gar nichts." Nach etwa zwei Stunden bedankt sich Sanjin für die Hilfe. Ein kurzes "Goodbye" zwischen den Teilnehmerinnen und Teilnehmern, dann fahren alle davon. Meine Frau und ich gehen noch an den Ufern eines nahe gelegenen Stausees spazieren und erfreuen uns nach der Enge und Düsternis im Wald an dem blauen Himmel, der hellen Sonne und dem weiten Blick über das Wasser. Zu Hause finden wir in den Prospekten, die wir von unseren Gastgeberinnen erhalten haben ein Zertifikat: "Keep Calm, you are now a Truffle Hunter." Ist doch nett, oder? (Jozsef Wieszt, 15.12.2019)