Die Lage in Äthiopien habe sich unter Ministerpräsident Abiy Ahmed Ali (hier im Bild) verbessert, in Ruanda sollen hingegen kritische Medienvertreter verschwinden und auch im Senegal würden Journalisten verhaftet, erzhählt Journalistin Marie-Roger Biloa.

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Wien – Für die kamerunische Journalistin Marie-Roger Biloa gefährdet US-Präsident Donald Trump die Pressefreiheit in Afrika. Trump stelle gut recherchierende Pressevertreter als Feinde des Volkes dar. "Die afrikanischen Machthaber fühlen sich dadurch ermutigt, ebenfalls Medien anzugreifen, die die Regierung kontrollieren und Korruption aufdecken sollen", sagte sie im APA-Interview am Mittwochabend in Wien.

Die NGO "Reporter ohne Grenzen" (ROG) stuft die Pressefreiheit in 22 der 48 Subsahara-Staaten als "schlecht" oder "sehr schlecht" ein. "Das Hauptproblem der Presse südlich der Sahara ist nicht der Mangel an Meinungsfreiheit", sagte die in Frankreich lebende, mehrfach ausgezeichnete Publizistin. "Das Problem ist vielmehr die prekäre finanzielle Situation, die einen enormen Einfluss auf die Qualität der Arbeit hat", erklärte sie. Zeitungen hätten darum eine geringe Lebensdauer und könnten sich nicht entwickeln.

Großer finanzieller Druck

Im Gegensatz zu europäischen Ländern profitierten die Medien in den Subsahara-Ländern nicht von staatlichen Subventionen. "Die Presse steht unter großem Druck, sich selbst finanzieren zu müssen", so Biloa, die sich anlässlich eines ROG-Vortrages in Wien aufhielt. Journalistische Ideale müssten darum der Finanzierung durch Parteien und anderen Interessensgruppen weichen. "Die Presse wird nicht mehr sehr ernst genommen", fuhr sie fort.

"In beinahe allen Ländern der Region wurden Journalisten eingesperrt oder gar ermordet", berichtete die Absolventin der Diplomatischen Akademie Wien. Der Druck auf die Presse variiere jedoch von Staat zu Staat: So habe sich seit dem Amtsantritt von Ministerpräsident Abiy Ahmed Ali die Lage in Äthiopien verbessert, in Ruanda sollen hingegen kritische Medienvertreter verschwinden und selbst im Senegal, dem Vorzeigeland für positive Entwicklungen in Afrika, würden Journalisten verhaftet.

Jeder denkt an sich

"Ganze Ausgaben unserer Zeitung 'Africa International' wurden in Kamerun bereits öfter beschlagnahmt", berichtete Biloa. Dies sei besonders finanziell ein schwerer Schlag. "Es kommt oft vor, dass während eines Wahlkampfes der Internetzugang von Zeitungen unterbrochen wird", so Biloa weiter. Diese Ausfälle hielten zum Teil mehrere Monate an.

"Die Presse ist auch nicht sehr solidarisch, jeder denkt nur an sich", kritisierte Biloa. "Wenn Journalisten Probleme bekommen oder gar getötet werden, findet man keine große Koalition, die sich zusammen für den Schutz der Presse einsetzt", attestierte sie. Die Möglichkeit eines starken Zusammenschlusses werde durch die enormen finanziellen Probleme im Keim erstickt. "Die Pressefreiheit leidet nicht unter Zensur, sondern auch an fehlenden Mitteln, um Qualität zu liefern", erklärte sie.

Die sozialen Medien verschärfen für die Journalistin die Situation. "Fake News mit bearbeiteten Bildern und Videos sind leichter zu verbreiten, als jemals zuvor", mahnte sie. Die Presse müsse dementsprechend als Gegenpol zu den sozialen Medien Qualität und Glaubhaftigkeit vermitteln. "Um das zu schaffen, braucht man den Willen dazu, sich neu zu erfinden", fuhr Biloa fort und nannte die New York Times als Vorbild: "Die haben es geschafft, in einer Zeit, in der man nicht mehr weiß, was man glauben kann, für Glaubhaftigkeit und Qualität zu stehen", sagte sie. (APA 5.12.2019)