Wissenschafter klärten bisher unverstandene Degradationsmechanismen im Kathodenmaterial für zukünftige Hochenergie-Lithium-Ionen-Batterien.

Foto: Amadeus Bramsiepe, KIT

Im vergangenen Oktober wurden der US-Amerikaner John Goodenough, der Brite Michael Stanley Whittingham und der Japaner Akira Yoshino für die Entwicklung des Lithium-Ionen-Akkumulatoren mit dem Nobelpreis ausgezeichnet. Trotz entsprechender Anstrengungen zur Entwicklung alternativer Stromspeicher wird uns der Lithium-Ionen-Akku auch in weiterer Zukunft erhalten bleiben, vermutlich jedoch in modifizierter und womöglich potenterer Form: Ein internationales Team um Forscher des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) hat nun die Grundlagen für eine deutlich erhöhte Kapazität dieser Akkus gelegt.

Steigerung um bis zu 30 Prozent

Ein Durchbruch der Elektromobilität wird bislang unter anderem durch ungenügende Reichweiten der Fahrzeuge blockiert. Helfen könnten Lithium-Ionen-Akkus mit einer größeren Ladekapazität. "Wir sind dabei, solche Hochenergie-Systeme zu entwickeln", sagt Helmut Ehrenberg, Leiter des Instituts für Angewandte Materialien – Energiespeichersysteme (IAM-ESS).

"Auf Basis eines grundlegenden Verständnisses der elektrochemischen Vorgänge in den Batterien sowie durch den innovativen Einsatz von neuen Materialien lässt sich die Speicherkapazität von Lithium-Ionen-Akkus nach unserer Einschätzung um bis zu 30 Prozent erhöhen." Am KIT läuft diese Forschung im Rahmen des Center for Electrochemical Energy Storage Ulm & Karlsruhe (CELEST), der größten deutschen Forschungsplattform für elektrochemische Speicher, deren stellvertretender Sprecher Ehrenberg ist.

Neues Kathodenmaterial

Die Hochenergievariante der Lithium-Ionen-Technologie unterscheidet sich von der herkömmlichen durch ein spezifisches Kathodenmaterial: Während bislang überwiegend Schichtoxide mit unterschiedlichen Verhältnissen von Nickel, Mangan und Kobalt eingesetzt werden, kommen nun manganreiche Materialien mit Lithium-Überschuss zum Einsatz, was die Energiespeicherfähigkeit pro Volumen/Masse Kathodenmaterial deutlich erhöht.

Allerdings gibt es beim Einsatz dieser Materialien bislang noch ein Problem: Bei der Ein- und Auslagerung von Lithium-Ionen – also der grundlegenden Funktionsweise einer Batterie – degradiert das Hochenergie-Kathodenmaterial. Das Schichtoxid wandelt sich nach einiger Zeit in eine Kristallstruktur mit sehr ungünstigen elektrochemischen Eigenschaften um. Als unerwünschte Folge sinkt die mittlere Lade- und Entladespannung von Beginn an, was die Entwicklung von brauchbaren Hochenergie-Lithium-Ionen-Akkus bislang verhinderte.

Rätselhafte Degradation

Wie genau dieser Degradationsprozess abläuft, war noch nicht vollständig verstanden. Ein Forscherteam des KIT und kooperierender Einrichtungen hat den grundlegenden Mechanismus nun im Fachjournal "Nature Communications" vorgestellt: "Auf Basis von detaillierten Untersuchungen des Hochenergie-Kathodenmaterials konnten wir zeigen, dass die Degradation nicht direkt, sondern indirekt über die Bildung einer bislang wenig beachteten lithiumhaltigen Kochsalzstruktur abläuft", sagt Weibo Hua (IAM-ESS), einer der Hauptautoren der Studie.

"Außerdem spielt auch Sauerstoff bei den Reaktionen eine entscheidende Rolle." Neben diesen Ergebnissen zeigt die Studie außerdem, dass neue Erkenntnisse über das Verhalten einer Batterietechnologie nicht unbedingt direkt aus dem Degradationsprozess stammen müssen: Ihre Entdeckung hatten Weibo und die beteiligten Wissenschafter nämlich anhand von Untersuchungen gewonnen, die während der Synthese des Kathodenmaterials durchgeführt wurden. (red, 5.12.2019)