Florian Maier-Aichen malt geradezu mit dem Medium der Fotografie ...

Foto: Galerie Nikolaus Ruzicska / Florian Maier-Aichen

... und erzeugt Scheinwelten in Technicolor.

Foto: Galerie Nikolaus Ruzicska / Florian Maier-Aichen

Seine "Sunsets" erschafft Florian Maier-Aichen mit Filtern digitalen Tools.

Foto: Galerie Nikolaus Ruzicska / Florian Maier-Aichen

Ein von Palmen gesäumter Küstenabschnitt, der Ozean kalifornisch-blau, darüber weiter Himmel, an dem sich gelb-rosa Farbeffekte zusammenbrauen: Das schrammt hart an der Grenze zum Kitsch. Bei genauem Hinschauen erweisen sich kleine Störmomente, Unschärfen, Fehlbelichtungen als Rettungsanker. Womit hat man es zu tun? Einem spöttischen Flirt mit zu Tode gefilterten Instagram-Bildern? Oder doch eher einer Landschaftsfotografie, die die malerischen Möglichkeiten des Mediums neu auslotet und dabei das Gefällige nicht scheut? Die Tendenz geht zu Letzterem.

Dass Florian Maier-Aichens Bilder so amerikanisch daherkommen, als wären sie einem La La Land der Landschaftsfotografie entsprungen, ist kein Zufall: Der gebürtige Stuttgarter, Jahrgang 1973, begann sein Studium einst an der Folkwang-Schule in Essen. Da ihm das Korsett der Düsseldorfer Schule aber rasch zu eng und streng wurde, ging er nach Los Angeles und suchte Inspiration bei Lehrern wie dem Konzeptkünstler John Baldessari oder Christopher Williams, der heute seinerseits in Düsseldorf unterrichtet.

Digitale Tools nutzt Maier-Aichen, der stets analog mit der Großformatkamera fotografiert, keinesfalls zu Optimierungszwecken, sondern als Experimentierfeld. Das gilt umso mehr auch für Bearbeitungstechniken, mit denen schon die Pioniere der Kunstfotografie im 19. Jahrhundert gespielt haben. Gustave Le Gray ist ein gutes Beispiel: Für seine "Seascapes" verwendete der Franzose verschiedene Negative für Himmel und Vordergrund. Sie erhielten so eine den Gesetzen des Sehens entrückte, geradezu romantische Wirkung.

Besondere Farbintensität

Dass Le Gray ein erklärtes Vorbild von Maier-Aichen ist, versteht umso besser, wer die Entstehung seiner pazifischen Sunsets kennt. Mit blauen, grünen und roten Filtern entstandene Belichtungen werden analog ausgearbeitet und digital übereinandergelegt. So entsteht jene besondere Farbintensität, der man derzeit in der Salzburger Galerie Ruzicska ansichtig wird. Maier-Aichens Arbeiten werden hier erstmals in Österreich präsentiert. Sie beziehen sich auch auf andere Fotopioniere: Exakt denselben Standpunkt wie 1861 Carleton Watkins hat Maier-Aichen im Yosemite-Park eingenommen, um mit der Kamera einen Wasserfall zu "malen". Er schimmert jetzt in Regenbogenfarben.

Zu sehen sind auch mit Photoshop-Tools entstandene, abstrakte "Lasso Paintings"und Chemogramme. Zur nicht neuen Idee, dass es sich mit den in der Fotografie verwendeten Chemikalien auf Fotopapier herrlich malen lässt, hat der Künstler aber weniger Spannendes hinzuzufügen als der Landschaftsfotografie, für das er auch Infrarotfilme verwendet. Sie sorgen für rätselhaft rotes Leuchten, als hätte Hollywood damit noch einiges vor. (Ivona Jelcic, 5.12.2019)