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Ein Generalstreik legte am Donnerstag das öffentliche Leben in Paris lahm.

Foto: AP / Rafael Yaghobzadeh

Paris – In Frankreich ist Präsident Emmanuel Macron mit den größten Protesten seiner Amtszeit konfrontiert: Mehr als 800.000 Menschen gingen am Donnerstag gegen die geplante Pensionsreform der Regierung auf die Straße – fast dreimal so viele wie auf dem Höhepunkt der Gelbwesten-Krise vor einem Jahr. Ein Generalstreik legte zudem das öffentliche Leben weitgehend lahm.

Ein Bericht vom Donnerstag zum Generalstreik in Frankreich.
DER STANDARD

"Schützt unsere Pensionen" und "Soziale Unsicherheit tötet" hieß es auf Protestbannern. Bis zum Abend beteiligten sich rund 806.000 Menschen an Kundgebungen in dutzenden Städten, darunter allein 65.000 in Paris, wie das Innenministerium mitteilte. Nach Angaben der Gewerkschaft CGT waren bei der größten Kundgebung in Paris sogar 250.000 Menschen auf der Straße, landesweit zählte die Gewerkschaft mehr als 1,5 Millionen Demonstranten. Vereinzelt kam es zu Ausschreitungen.

Bahn und Nahverkehr streiken unbefristet

Die Massenproteste sind die größten in Frankreich seit Jahren und gelten als Erfolg für die Gewerkschaften. Ihrem Aufruf folgten viel mehr Menschen als dem der Gelbwesten im November 2018. Damals gingen offiziell 282.000 Menschen auf die Straße, Macrons Präsidentschaft stand auf der Kippe. Nach milliardenschweren Zusagen des Staatschefs beruhigte sich die Lage allmählich wieder.

Doch nun steht dem Präsidenten womöglich erneut ein heißer Herbst und Winter bevor: Der Ausstand bei der Bahn und im Pariser Nahverkehr ist unbefristet angekündigt. Auch am Freitag werden die meisten Züge gestrichen sowie rund 20 Prozent der Flüge, wie die Bahngesellschaft und die zivile Luftfahrtbehörde mitteilten.

Wie lange die französische Regierung jetzt dem Protest standhalten wird, kommentiert Politologin Ulrike Guérot.
ORF

Der Vorsitzende der Gewerkschaft CGT, Philippe Martinez, drohte der Regierung mit wochenlangen Protesten. Der Streik sei in vielen Bereichen verlängerbar, "das ist sicher", sagte er in Paris. Am Freitag wollten die Gewerkschaften über das weitere Vorgehen beraten.

Macron will an Plänen festhalten

Premierminister Édouard Philippe sagte am Rande einer Krisensitzung der Regierung, er danke den Gewerkschaften für die größtenteils friedlich verlaufenen Demonstrationen. Der Premier will die umstrittene Rentenreform Mitte der kommenden Woche erstmals im Detail vorstellen.

Macrons Büro erklärte, der Präsident halte "entschlossen" an seinem Plan fest. Macron will Frankreichs veraltetes Rentensystem vereinfachen, das mehr als 40 verschiedene Pensionsformen umfasst. Dabei variieren Renteneintrittsalter und Pensionsleistungen. So können beispielsweise Bahnangestellte wesentlich früher in Rente gehen als andere Beschäftigte. Auch Seeleute werden privilegiert. Sie können mit 37,5 Beitragsjahren mit 52,5 Jahren in Pension gehen und damit fast zehn Jahre früher als ein normaler Arbeiter.

Die Sonderregeln gehen auf die Zeit von König Ludwig XIV. zurück – also auf das 17. Jahrhundert. Laut OECD-Daten steckt Frankreich rund 14 Prozent der Wirtschaftsleistung in das Rentensystem, in Österreich sind es 13,3 Prozent und in Deutschland zehn Prozent. (APA, 6.12.2019)