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Kinder kosten Geld. Wie man Familien unter die Arme greifen kann, dazu haben die Parteien unterschiedliche Ansichten.
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Mindestens 625 Euro werden Eltern im Dezember pro Kind ausgeben. Nicht für Weihnachtsgeschenke. Der Betrag entspricht laut Volkshilfe den durchschnittlichen Kosten, die ein Kind für eine altersgerechte Entwicklung bräuchte. Mit der Familienbeihilfe, dem Kinderabsetzbetrag oder etwa dem Karenzgeld greift der Staat Familien in Österreich unter die Arme. Insgesamt 9,5 Prozent aller Sozialausgaben entfallen auf familienpolitische Geldleistungen – 2018 waren das laut Statistik Austria 10,3 Milliarden Euro.

Das deckt natürlich nicht alle Kosten. Aus rein finanzieller Perspektive wären Kinder ein Minusgeschäft. Der Staat hat aber andere Möglichkeiten, auf die Gestaltung des Familienlebens einzuwirken. Etwa durch Senkung der Wohnkosten oder Akzente in der Bildungspolitik. Alle Parteien wollen nach eigenen Angaben etwas gegen Armut und für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie tun. Doch welche Familienbilder stecken hinter den Vorschlägen?

Sebastian Kurz reklamiert für die ÖVP, Familienpartei zu sein.
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ÖVP

Die Türkisen reklamieren für sich, nicht nur Volkspartei, sondern auch "Familienpartei" des Landes zu sein. Ihre Definition von Familie zeigt die Spannung zwischen den traditionellen christlichen Werten der Partei und ihren (wirtschafts)liberalen Zügen: Die Familie, bestehend aus Vater, Mutter und Kind, ist der "Kern der Gesellschaft", heißt es im Grundsatzprogramm. Dennoch erkennt die ÖVP darin auch andere Formen des Zusammenlebens an. Der von Türkis-Blau eingeführte Familienbonus ist das Aushängeschild der Partei in Sachen Familienpolitik: Bis zu 1500 Euro können sich gutverdienende Eltern jährlich an Steuern ersparen. Jene mit geringem Einkommen und Alleinerziehende haben davon aber wenig.

Für die SPÖ sind persönliche Identität und der Familienbegriff nicht unvereinbar.
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SPÖ

Der Familienbegriff im Programm der SPÖ ist flexibler: Die Politik soll dafür sorgen, dass jeder in einer Familie seine Identität ausleben kann, dafür sei volle Gleichberechtigung von Frauen unabdingbar. Konkret übersetzt die SPÖ diese Werte in Forderungen nach einer Steuererleichterung bei Mieten, der Ausdehnung des Familienbonus für Geringverdiener und einer Offensive im Bereich der Kinderbetreuung samt Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz ab dem ersten Lebensjahr. Bei der Betreuungsquote bei Dreijährigen führt das SPÖ-regierte Burgenland (94,9 Prozent), das rote Wien (89,5) bleibt aber hinter dem ÖVP-regierten Niederösterreich (94,5) zurück.

Die FPÖ sieht die Familie als "Keimzelle" der Gesellschaft.
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FPÖ

Im Grundsatzprogramm der FPÖ illustriert ein Foto ihre Vorstellung von Familie: Drei blonde Mädchen, zu denen sich ihre weiß gekleidete Mutter bückt und denen sie vor der Schule gut zuspricht. Dahinter steht der Vater im Sakko. Die FPÖ spricht von der "Keimzelle" – diese Formulierung stand so auch im türkis-blauen Programm. Alleinerziehende werden als Familie akzeptiert, andere moderne Formen des Zusammenlebens dezidiert ausgeschlossen – etwa die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare. Wie auch die ÖVP brüstet sich die FPÖ mit dem Familienbonus und der Reform der Mindestsicherung, die kinderreiche Familien und Ausländer finanziell schlechterstellt.

Die Neos treten in ihrem Parteiprogramm gegen das klassische Familienbild auf.
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Neos

Das Parteiprogramm der Neos ist eine Kampfansage an die "fest verankerten konservativen Familien- und Rollenbilder in Österreich". Über ein eigenes Familiengeldkonto sollen Elternteile großteils selbst entscheiden, wie lange und wie viel der jeweilige Partner von den staatlichen Zuschüssen in Anspruch nimmt. Das soll Eltern größtmögliche Flexibilität geben. Auch sie sind für einen Rechtsanspruch auf qualitätsvolle, aber nicht zwingend kostenlose, Kinderbetreuungsplätze und für eine Anpassung des Unterhaltsrechts an moderne Familienkonstellationen.

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Viele der grünen Forderungen in der Familienpolitik decken sich mit jenen der SPÖ.
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Grüne

Die Grünen sind für eine vollständige rechtliche Anerkennung vielseitiger Familienverhältnisse, darunter auch homosexueller Paare mit Kindern. In Sachen Kinderbetreuung decken sich ihre Forderungen großteils mit jenen der SPÖ: mehr Betreuungsplätze mit Rechtsanspruch auf kostenlose Betreuung und bessere Öffnungszeiten. Außerdem wünschen sie sich, die Rahmenbedingungen bundesweit zu vereinheitlichen.

Im Wahlkampf positionierte sich die Ökopartei familienpolitisch entschieden gegen ihren möglichen Koalitionspartner in spe. Die türkis-blauen Reformen hätten die Armut insbesondere von Kindern nachhaltig verschärft, so der Tenor. Da die Maxime des Wahlsiegers ÖVP lautet, nichts, was die alte Regierung beschlossen hat, zurückzunehmen, bleibt den Grünen die Option, zusätzliche Maßnahmen zu setzen, die etwa die finanziellen Einschnitte für kinderreiche Familien in der Mindestsicherung abfedern.

In die Hände spielt ihnen dabei, dass Familienpolitik eine klassische Querschnittsmaterie ist. Das heißt, auch über zusätzliche Maßnahmen mit neuem Etikett könnten Nachbesserungen gelingen, ohne dabei türkise Prestigeprojekte wie den Familienbonus anzugreifen. Ob das tatsächlich gelingt, werden die Familien in Österreich dann zu Weihnachten 2020 merken. (Flora Mory, Laurin Lorenz, 8.12.2019)