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Zlatko Junuzovic wird vor dem Match gegen Liverpool seine Abläufe nicht ändern.

Foto: AP Photo/Kerstin Joensson

Salzburg – Am Dienstag (18.55 Uhr, live auf Dazn) findet die Champions-League-Partie zwischen Red Bull Salzburg und Titelverteidiger Liverpool statt. Sollte Österreichs Fußballmeister gewinnen, wäre die Sensation, der Aufstieg ins Achtelfinale, perfekt. Die Engländer müssten dann in der Europa League weinen. Spielmacher Zlatko Junuzovic schließt spätestens seit dem heroischen 3:4 an der Anfield Road nichts aus. Die Generalprobe ist mit einem 5:1 in der Bundesliga gegen WSG Tirol geglückt, Junuzovic wurde geschont.

STANDARD: Der Kracher gegen Liverpool steht an. Es werden Superlative bemüht, vom Höhepunkt der Vereinsgeschichte, vom Spiel des Lebens ist die Rede. Welche Bedeutung hat das Match für Sie?

Junuzovic: Das Spiel des Lebens ist es nicht, aber es ist aufgrund der Konstellation ein Riesenhighlight. Nach dem Sieg in Genk waren wir happy, weil wir in der Gruppe einiges erreicht, den dritten Platz fixiert haben. Wir überwintern international. Dann haben wir vom 1:1 zwischen Liverpool und Napoli erfahren. Somit ist es das Spiel des Jahres, für alle Leute im Verein etwas Tolles. Wir haben eine Art Finale, wir können dem amtierenden Champions-League-Sieger ein Bein stellen und ihn in die Europa League manövrieren.

STANDARD: Wie schlägt man Liverpool? Was spricht für Salzburg?

Junuzovic: Bei der ersten Partie waren es zwei verschiedene Halbzeiten. Die ersten 30 Minuten waren für uns ein Lehrspiel, wir standen vor dem Abgrund. Das habe ich manchmal mit Bremen erlebt, wenn wir bei den Bayern angetreten sind. Es ist unfassbar, mit welcher Präsenz und Qualität Mannschaften auftreten können. Wir haben an der Anfield Road gemerkt, dass einige Sachen nicht zu verteidigen sind. Da musst du höllisch aufpassen, immer wach und agil sein, Situationen früh erkennen, damit du sie irgendwie stoppen kannst. Nach dem 0:3 haben wir uns gefangen, konnten unsere Qualitäten zeigen. Darauf kommt es im Rückspiel an. Wir müssen Liverpool unter Druck setzen, Chancen kreieren, den Respekt ablegen. Wir spielen zu Hause, und zu Hause ist alles möglich.

Zlatko Junuzovic im Gespräch mit Trainer Jesse Marsch.
Foto: APA/BARBARA GINDL

STANDARD: Für die meisten Spieler ist Salzburg der Ausgangspunkt einer großen Karriere. Sie sind quasi das Gegenteil, ein atypischer Bulle. Geht es in erster Linie um einen schönen Karriereabschluss?

Junuzovic: Ich sehe mich als Baustein des Vereins. Wir hatten ja alle einen Plan, als ich im Sommer 2018 gekommen bin. Wir führten viele Gespräche, mit dem damaligen Trainer Rose und mit Sportdirektor Freund. Wir hatten eine gemeinsame Idee. So wie Red Bull Salzburg auftritt, war immer mein Spiel. Auch das Nationalteam in der Ära Koller mit dem Pressing passte zu mir. Ich bin ein typischer Bulle, das Alter ist wurscht.

STANDARD: Ist Salzburg das beste Team, in dem Sie je gespielt haben? Wobei, so viele waren es nicht.

Junuzovic: Von der Qualität, vom Drumherum und von der Infrastruktur her ist Red Bull Salzburg ein außergewöhnlicher Verein. Ich hatte aber auch bei der Austria und in Bremen hervorragende Mitspieler. Was hier dazukommt, ist die Philosophie, das Umfeld.

STANDARD: Der Konkurrenzkampf ist vermutlich weit größer als der in Bremen, oder?

Junuzovic: Ja, vom Konkurrenzkampf her ist es noch ein Stück etwas anderes. Der Kader ist in der Breite extrem gut besetzt. Das trägt dazu bei, dass du dich auch selbst permanent entwickelst. Was meine Person betrifft, habe ich zwei Schritte nach vorne gemacht. Das ist einfach super, ich lebe auf, kann meine Position spielen. Und ich habe zum ersten Mal Titel gewonnen, Pokale gestemmt. Noch wichtiger ist das harmonische Miteinander, dieses Zusammenspiel, das Verhalten in der Kabine.

STANDARD: Euch wird eine mentale Stärke bescheinigt. Trotzdem gab es in der Liga zuletzt leichte Schwächen. Ist die nationale Dominanz ab und zu ein Problem?

Junuzovic: Wir müssen uns auf diese Spiele anders einstellen, die haben manchmal mit Fußball nur am Rande zu tun. Beim 1:1 gegen die Admira und auch beim 2:2 gegen St. Pölten hatten wir rund 80 Prozent Ballbesitz sowie 17:1- und 22:4-Torschüsse. Wir waren nicht schwach. Wir waren uneffektiv.

STANDARD: Auffallend ist, dass Abgänge ersetzt werden. Samassekou weg, Schlager weg, Lainer weg, Wolf weg, Dabbur weg. Trotzdem gab es keinen Leistungsabfall. Haben Sie eine Erklärung dafür?

Junuzovic: Es ist eine kluge Vereinspolitik und Vereinsphilosophie, alle arbeiten auf hohem Niveau. Ehrlicherweise hat es mich auch überrascht, wie wir die Abgänge kompensieren konnten. Aber Red Bull Salzburg machte das ja nicht zum ersten Mal.

STANDARD: Der 19-jährige Norweger Erling Haaland ist einer der begehrtesten Spieler in Europa. Wie tickt er, geben Sie ihm Tipps?

Junuzovic: Wir reden oft auch außerhalb des Feldes. Er ist ein feiner, ruhiger Kerl, sieht die Dinge sehr gut. Weil er von der Familie super unterstützt wird. Es ist kein Nachteil, dass sein Vater Profispieler war. Er kennt den Zirkus, den Rummel von klein auf. Er verarbeitet alles überragend.

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Haaland traf in Liverpool zum zwischenzeitlichen 3:3.
Foto: Reuters/JASON CAIRNDUFF

STANDARD: Trainerwechsel hinterlassen offenbar auch keine Lücken. Auf Marco Rose, der nach Gladbach ging, folgte Jesse Marsch, er ist genauso erfolgreich. Wie unterscheiden sich die beiden?

Junuzovic: Jeder Trainer ist unterschiedlich, jeder hat Stärken. Marsch hat ein bisserl ein anderes Konzept, aber im Wesentlichen unterscheidet er sich nicht sehr von Rose. Beide sind authentisch, sozial kompetent, können Dinge ausgezeichnet vermitteln.

STANDARD: Sie spielen jetzt wieder in der Südstadt, im Pappelstadion, in der Lavanttal-Arena. Oft schauen nur 2500 Leute zu. Vermissen Sie München, Schalke und Dortmund? Anders gefragt: Bereuen Sie in stillen Momenten die Rückkehr nach Österreich?

Junuzovic: Von Bereuen bin ich so weit weg wie die Erde vom Mond. Wie gesagt, Salzburg sind zwei Schritte nach vorne. Dass die Zuschauerzahlen in St. Pölten niedriger als in Dortmund sind und die Menschen vor den Kassen in der Südstadt nicht Schlange stehen, wusste ich. Da stehe ich drüber. Ich bin nicht einer, der immer ein volles Stadion braucht. Fußball ist ja meine Leidenschaft, es geht immer um irgendetwas.

STANDARD: Vor zwei Jahren haben Sie einen Schlussstrich unter das Nationalteam gezogen. War das voreilig? Bereuen Sie das?

Junuzovic: Nein. Es war eine andere Zeit, ich bekam von Medizinern eine falsche Diagnose. Es hieß, mein Knöchel hält nicht, im Sprunggelenk hatte ich Entzündungen. Das hat sich längst wieder stabilisiert, ich habe keinerlei Schmerzen. Ich war gerne im Team. Aber für einen Rücktritt vom Rücktritt ist es zu spät.

STANDARD: Werden Sie Abläufe vor dem Liverpool-Spiel ändern?

Junuzovic: Nein, alles gleich wie immer. Ich ziehe mein Ding komplett durch. (Christian Hackl, 9.12.2019)