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Geht es um muslimische Flüchtlinge und Migranten in Österreich, so macht die Bereitschaft zu differenzierter Auseinandersetzung Pause. Dann setzen sich eingeübte Bilder von fundamentalistischen und gewalttätigen Fremden gegen Sichtweisen durch, die vielleicht neu und überraschend sind, aber einen Beitrag zu effektiveren Maßnahmen zur Integration von Gruppen mit besonderen Problemen liefern könnten.

Genau so lassen sich die Umstände interpretieren, unter denen die neue, von ÖVP-Chefverhandler und Ex-Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz mit angestoßene Studie zu Einstellungen junger Muslime in Wien der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Dass die "Hälfte aller Afghanen für einen Gottesstaat" plädiere, wie ein Beitrag über die Untersuchung in der Presse betitelt wurde, spricht einschlägige Ressentiments an und schafft Aufmerksamkeit; auch wenn es nur einen sehr kleinen Ausschnitt der Studienergebnisse umfasst und einseitig ist.

Bemerkenswerter und vor allem zukunftsfitter ist jedoch der andere Teil, der durch eine derartige Sichtweise unterschlagen wird. Wo liegen die Bruchstellen einer solchen religiös-autoritären Einstellung? Wo ihre Ursachen? Wo ansetzen, um eine wirkliche Eingliederung von Menschen mit derlei Vorstellungen in die österreichische Gesellschaft zu ermöglichen? So lauten die Fragen der Untersuchungsmacher.

Die Antworten darauf sind nur dann von Interesse, wenn eine solche Eingliederung auch erwünscht ist. In den vergangenen Jahren türkis-blauer Fremdenpolitik war das nicht der Fall. Umso spannender ist daher, was nun geschieht. Vorschläge wie jene von Studienmitautor Kenan Güngör, Eltern gezielt zu beraten, wären durchaus als Handlungsansatz für ein integrationspolitisches Regierungsprogramm von Türkis und Grün geeignet. (Irene Brickner, 9.12.2019)