Zerstörungen und Polizeigewalt: Die Situation in Hongkong ist seit Monaten angespannt. Dass sich die USA offiziell auf die Seite der nach Unabhängigkeit strebenden Protestbewegung geschlagen haben, dürfte daran kaum etwas ändern.

Rund um die Ereignisse ist allerdings auch eine Propagandaschlacht entbrannt. In China setzt man mittlerweile einige Hebel in Bewegung, um die Demonstranten zumindest auf dem Festland zu verunglimpfen. Ein Werkzeug dafür ist nun auch ein Videospiel namens Alle schlagen die Verräter.

TRT World

Bekannte Demokratie-Aktivisten als Spezialgegner

Es handelt sich um ein simpel gestricktes Browserspiel, dessen Message mehr als eindeutig ist. Schon zum Start wird in dicken Lettern erklärt, dass Hongkong unwiderruflich zu China gehöre. Spielziel ist es, vermummte Protestierende davon abzuhalten, den rechten Bildschirmrand zu erreichen. Mit der Hand, einem Baseballschläger, Schlapfen oder anderen Waffen schlägt man dafür per Klick auf sie ein.

Zum Start kann man außerdem einen Spezialgegner wählen, der besondere Fertigkeiten mitbringt. Dabei handelt es sich um bekannte Gesichter aus der Widerstandsbewegung, etwa den oft als Sprachrohr auftretenden Joshua Wong, der seine Mitstreiter heilen kann. Dabei schreckt man auch vor Entmenschlichung nicht zurück. So wird etwa Martin Lee, der "Vater der Demokratie" in Hongkong, als Mensch-Ratten-Hybrid dargestellt.

Chinesisches Narrativ

Auch dazwischen hämmert man die Botschaft heim. In Comic-Einblendungen wird etwa insinuiert, dass die Protestbewegung Geld von westlichen Vertretern bekomme, um Selbstmord zu begehen oder Polizisten zu töten. Bekannte Vertreter werden auch bei einer Art "Unterredung" mit der US-Diplomatin Julie Eadeh gezeigt, die dem Narrativ der chinesischen Staatsmedien zufolge im Geheimen die Proteste der "nutzlosen Jugend" mit steuert.

Spieler werden dafür belohnt, Demonstranten mit verschiedenen Waffen von der Straße zu prügeln.
Foto: Screenshot

Wer hinter Alle schlagen die Verräter steckt, ist indes nicht geklärt. Auffällig ist allerdings, dass staatstreue Medien wie die "Global Times" das Spiel trotz seiner relativen Unbekanntheit aufgegriffen haben. Zudem wird behauptet, das Anti-Protest-Game sei sehr beliebt in chinesischen sozialen Medien. Laut Recherche von "Abacus News" wird es auf Wechat, Weibo und Zhihu tatsächlich kaum erwähnt.

Krise als Spielvorlage

Es ist nicht das erste Spiel, das sich auf die Situation in Hongkong bezieht. Auch vonseiten der Unterstützer der Proteste gibt es zumindest zwei Werke. Das Spiel Karma ist eine visuelle Erzählung "über eine Dystopie". Liberate Hongkong lässt Spieler hingegen, auch mit VR-Support, in die Rolle eines Demonstranten schlüpfen, der gegen die Polizei vorgeht und dabei Tränengas, Gummigeschoßen und seiner Verhaftung entgehen muss.

Größere Bekanntheit hatte es auch erreicht, weil es der Hearthstone-Profi Chung "Blitzchung" Ng Wai gestreamt hat, der wegen seiner öffentlichen Unterstützung der Proteste bei einem Turnier zunächst für ein Jahr gesperrt und dessen Preisgeld zurückgehalten wurde. Später reduzierte Hearthstone-Entwickler Blizzard die Sperre auf sechs Monate und zahlte den Gewinn doch aus. (gpi, 10.12.2019)