Respektloses Rabaukentum mag der Maestro gar nicht.

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Rudolf Buchbinder ist ein Mann, der die Dinge stürmisch angeht. Ludwig van Beethoven wäre aktuell noch keine 249 Jahre alt, und doch hat der österreichische Pianist schon vier von dessen fünf Klavierkonzerten interpretiert, die er anlässlich des 250. Geburtstags des Komponisten im Musikverein zu Gehör bringen soll. Ohne Zaudern, ohne Zagen präsentierte Buchbinder auch die eröffnenden Kaskaden des Es-Dur Klavierkonzerts beim Philharmonischen. Vorwärts!

Es folgte eine kraftstrotzende, morgenfrische Interpretation. Sie sollte nur von wenigen Pedalnebelfeldern getrübt werden: Bei der Variation des (verkürzten) Hauptthemas im Kopfsatz (Takt 184) verwischte Rudolf Buchbinder nach dem auskomponierten Doppelschlag die themenprägenden aufsteigenden Marcato-Achtel. Beim Thema des Finalsatzes verwässerte er durch den Pedalgebrauch im dominantisch geprägten dritten und vierten Takt den Kontrast zum Tonika-Geballere davor.

Unruhiges Publikum

Dem Dirigenten Riccardo Muti waren im Kopfsatz die lyrischen Momente den heldenhaften gleichberechtigt: seidenweich etwa der absteigende Dreiklang der Philharmonischen Streicher beim zweiten Takt des Hauptthemas. Das Adagio wurde wie gefordert ein wenig bewegt gegeben; Muti brach es im Samstagnachmittagskonzert nach wenigen Schlägen ab, weil ihm das Publikum zu unruhig war. Respektloses Rabaukentum mag der Maestro gar nicht.

Wohlerzogen, adrett und steif dann das Divertimento von Le baiser de la fée: Strawinsky mit Bügelfalte. Dass dessen Modifikation der Melodien Tschaikowskys höchste Aufmerksamkeit im Rhythmischen erfordert, erfuhr man durch einen kleinen Fauxpas bei den Geigen.

Rechtwinkelig akkurat dann sogar das Kindergeschrei im eröffnenden Stück von Ottorino Respighis Pini di Roma. Die finale Bläserwucht im Surround-Sound machte auf die Abonnenten mächtig Eindruck. Jubel. (Stefan Ender, 10.12.19)