Angekündigte Revolutionen finden nicht statt: Kritiker in der SPÖ hatten den 9. Dezember als Stichtag auserkoren, bis zu dem ein Umsturz an der Spitze eingeleitet werden sollte. Doch an ebenjenem Montag trat Pamela Rendi-Wagner als Vorsitzende der SPÖ vor die Öffentlichkeit und verkündete einen Sparplan für ihre Partei. An ihrer Seite Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch, der ebenfalls sehr umstritten war und ist und dennoch bleibt, und der für Finanzen zuständige Christoph Matznetter, der im Prinzip nicht viel zu sagen hatte.

Die Botschaft von Montagabend: Der Startschuss für eine finanzielle Gesundung der Partei ist gegeben, das Sparbudget wurde mit großer Mehrheit beschlossen. Bis 2025 soll die SPÖ schuldenfrei und unabhängig sein, wie Rendi-Wagner es formuliert. Die Mitglieder des Präsidiums und des Vorstands hätten die Tragweite der finanziellen Krise der Partei und die Notwendigkeit, einen Sparkurs gemeinsam zu gehen, erkannt. "Es war eine emotionale, aber konstruktive Diskussion", sagt Rendi-Wagner nach den Sitzungen. Nur sechs von 70 Mitgliedern des Vorstandes stimmten dagegen.

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Gespräche mit dem Betriebsrat

Deutsch sprach sogar von einem "historischen Tag", er meinte damit den Beschluss des neuen Budgets. "Auf Dauer kann man nicht mehr ausgeben, als man einnimmt", führte er aus. Mit dem Betriebsrat werde man weitere Gespräche über Kündigungen führen. Es sei notwendig, den derzeit hohen Personalstand auf das Niveau von 2015/2016 zurückzuführen. Ein Sozialplan sei in Ausarbeitung. Die Partei wolle alle bedrohten Mitarbeiter darin unterstützen, einen neuen Arbeitsplatz zu finden.

Zudem würden Dienstfahrzeuge verkauft, der Fuhrpark aufgelöst und die umstrittenen Beraterverträge bis spätestens Mitte 2020 gekündigt, berichtete Deutsch. Über die Einführung einer parteiinternen Solidarabgabe, wie Kritiker forderten, wird weiterhin diskutiert werden.

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner brachte am Montag ihr Sparbudget durch.
Foto: APA / Schlager

Einflussreiche Akteure hatten der vielkritisierten Chefin im Vorfeld die Mauer gemacht. Erst sicherte ihr Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser die Unterstützung zu, dann folgte dessen burgenländischer Amtskollege Hans Peter Doskozil. "Die öffentliche Selbstbeschäftigung hat zu einer öffentlichen Selbstbeschädigung geführt", konstatierte Rendi Wagner selbst vor den Treffen.

Fratze der Sozialdemokratie

Davor war in der Vorstandssitzung aber noch Vergangenheitsbewältigung angesagt. Rendi-Wagner habe ausführlich die hinterrücks erfolgten Ablöseversuche ihrer Gegner kritisiert, berichtet ein Teilnehmer. Indem am Donnerstag der vorletzten Woche Genossen das Gerücht in die Welt gesetzt hatten, sie stehe unmittelbar vor dem Rücktritt, habe sich die "Fratze" der Sozialdemokratie gezeigt, soll sie laut dem Ohrenzeugen wörtlich gesagt haben.

Das zitierte Vorstandsmitglied, das nicht namentlich genannt werden will, hielt Rendi-Wagners Resümee für einseitig. "Sie hätte die Chance gehabt, den Kritikern Wind aus den Segeln zu nehmen", sagt der erfahrene Funktionär, "doch dafür hätte sie auch ein ‚mea culpa‘ aussprechen müssen. Tatsächlich aber hat sie keinerlei Bedauern geäußert, dass ihre Vorgangsweise in den letzten Wochen auch nicht immer so toll war."

Zwei Kritikpunkte

In diese Kategorie ordnen Genossen etwa den Umgang mit der finanziellen Krise ein. Die Partei hat 14,9 Millionen Euro Schulden, Bundesgeschäftsführer Deutsch hat 23 von gut 100 Mitarbeitern über ihre bevorstehende Kündigung unterrichtet. Die Kritiker kreiden Rendi-Wagner und Deutsch vor allem zwei Dinge an. Erstens hätte die Ankündigung des Rauswurfs nicht per unpersönliche Mail erfolgen dürfen. Zweitens hätten die Parteiführer längst bei Vorfeldorganisationen vorfühlen können, um die überzähligen Leute dort unterzubringen, statt dies erst nach der Anmeldung der Kündigungen zu tun. (Gerald John, 9.12.2019)