Die türkis-grünen Koalitionsgespräche im Bund färben auf die Zusammenarbeit zwischen Michael Ludwig und Birgit Hebein vorerst nicht ab.

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Wien – So oft treten der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) und die grüne Vizebürgermeisterin Birgit Hebein in diesen Tagen nicht gemeinsam öffentlich auf. Schließlich ist Hebein auch an vorderster Front an den türkis-grünen Koalitionsverhandlungen für eine mögliche Bundesregierung beteiligt. Hebein leitet das Steuerungsteam für Sozialagenden.

Auf die rot-grüne Zusammenarbeit in Wien dürfte das aber keinen Einfluss nehmen. Ludwig und Hebein bekannten sich am Montag zur weiteren politischen Zusammenarbeit, von einer Vorverlegung des Termins für die Wien-Wahl wollten beide nichts wissen. "Ich sage, seit ich Bürgermeister bin, immer denselben Satz: Wir sind gewählt worden, um zu arbeiten. Und natürlich werde ich die Legislaturperiode ausschöpfen", sagte Ludwig.

Letzte Wien-Wahl am 11. Oktober 2015

In Wien fanden zuletzt am 11. Oktober 2015 die Gemeinderats- und Bezirksvertretungswahlen statt. Ein Wahltermin im Herbst 2020 wird damit immer wahrscheinlicher. Für ein Vorziehen aus wahltaktischen Gründen oder sehr persönlichen Motiven habe Ludwig kein Verständnis: "Ich sehe das nicht als Vorteil der politischen und demokratischen Kultur", meinte der Wiener SPÖ-Chef.

Er spielte damit auf das vorzeitige Scheitern der letzten Bundesregierungen an. Seit die Legislaturperiode im Bund seit der Wahl 2008 von vier auf fünf Jahre ausgedehnt wurde, wurde das erst einmal ausgeschöpft.

Im Bund gebe es ständig Krisen, "und das schon seit längerer Zeit". Das sei aber kein Grund, über einen vorgezogenen Wahltermin in Wien zu diskutieren. "In Wien herrscht Kontinuität und Stabilität. Das ist im Bund nicht der Fall", sagte Ludwig. Wien sei "ein gutes Gegenmodell zu der vergangenen Bundesregierung".

Hebein: "Wir haben noch einiges vor"

Hebein pflichtete Ludwig bei und sah ebenfalls keine Veranlassung für einen vorzeitigen Urnengang. "Die Wiener und Wienerinnen erwarten sich zu Recht, dass wir arbeiten. Und das trifft sich gut: Ich arbeite gern. Wir haben noch einiges vor", sagte die Vizebürgermeisterin.

Gefragt nach dem Verlauf der türkis-grünen Koalitionsverhandlungen im Bund ließ Hebein durchblicken, dass es für die Verhandler noch einiges an Arbeit für eine mögliche Einigung gebe. "Wir müssen noch einige Brücken bauen", sagte Hebein. "Wie lange es noch dauern wird, kann ich Ihnen nicht sagen."

Zentrales Thema sind auch die Gespräche zur Mindestsicherung: Wien hat dazu bereits angekündigt, die von Türkis-Blau reformierte Sozialhilfe ab Jahresbeginn 2020 nicht umzusetzen. Zudem wird noch im Dezember ein Entscheid des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) zur Causa Mindestsicherung erwartet.

Hebeins Weihnachtsgeschenk

Für Hebein wäre es "mein Weihnachtsgeschenk", wenn das Höchstgericht die Bedenken Wiens etwa bezüglich der von ÖVP und FPÖ geplanten Kürzungen teilen würde. Mit der ÖVP verhandle Hebein "bestmöglich im Sinne der sozialen Sicherheit" – ohne Details mit Verweis auf die vereinbarte Vertraulichkeit zu verraten. Hebein sagte nur so viel: "Ich mache nicht Politik auf den Rücken der Ärmsten."

Beim gemeinsamen Termin erinnerten Ludwig und Hebein auch daran, dass Wien seit fünf Jahren "Stadt der Menschenrechte" ist. Eine Deklaration wurde im Dezember 2014 beschlossen, ein Jahr später wurde ein Menschenrechtsbüro in Wien eröffnet.

Neben der Bekämpfung von Armut, Diskriminierung und Rassismus würden Schwerpunkte Wiens auch die Stärkung von Opferrechten betreffen. Ludwig betonte die Wichtigkeit von leistbarem Wohnraum oder die Bekämpfung von Kinderarmut. Hebein nannte auch das "Zurückgeben des öffentlichen Raums an die Bürger" oder den Klimaschutz, der auch eine soziale Frage sei. (David Krutzler, 10.12.2019)