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.Saudi-Arabiens König Salman – vor ihm die katarische Flagge.

Foto: AP / Amr Nabil

Fußball ist in der arabischen Welt fast, aber eben doch nicht alles. Als Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Bahrain sich entschlossen, den Arabischen GolfCup in Katar doch nicht zu boykottieren, sah man schon ein Ende der nachbarlichen Blockade, unter der Katar seit Juni 2017 steht, gekommen.

Zwar wurden die Spiele in ein kleineres Stadion verlegt, aber vor allem zum Endspiel Bahrain gegen die Saudis (1:0) am Sonntag kamen auch Fans. Im Fall der Bahrainis sah das dann so aus: in der Hauptstadt Manama, 140 km Luftlinie von der katarischen Hauptstadt Doha entfernt, ins Flugzeug steigen, 400 km Richtung Westen in den kuwaitischen Luftraum fliegen, dort umdrehen und in den Osten nach Katar. So will es das Transportembargo.

Normalisierungsprozess

Zwei Tage nach dem Fußballfinale folgte am Dienstag der 40. Gipfel des Golfkooperationsrats (GCC) in der saudischen Hauptstadt Riad: König Salman hatte – wie es das Protokoll will – Katars Emir eingeladen. Auf einen möglichen bevorstehenden Durchbruch schien auch ein überraschender Besuch des katarischen Außenministers in Riad Ende November hinzuweisen.

Daraus wurde dann doch nichts, Katar wurde in Riad durch Premier Abdullah bin Nasser Al Thani (also aus der katarischen Herrscherfamilie) vertreten, wobei das immerhin ein Upgrade zum letzten Gipfel war. In seiner Rede beschwor der saudische König die Notwendigkeit eines Zusammenstehens der GCC-Länder gegen den Iran – und die Fähigkeit des GCC, Krisen zu überwinden. Keine Versöhnung demnach, doch nach Jahren des totalen Stillstands gibt es wohl so etwas wie einen Normalisierungsprozess.

38 Jahre Golfkooperationsrat

Der Golfkooperationsrat (Saudi-Arabien, Kuwait, Bahrain, Katar, Vereinigte Arabische Emirate, Oman) war 1981 eine sicherheitspolitische Antwort der Golfaraber auf die Islamische Revolution 1979 im Iran. Die große Integration blieb aber aus, ihr stand die Sorge der Kleineren vor einem Hegemon Saudi-Arabien entgegen. Besonders ausgeprägt war sie in Katar, wo Emir Hamad – der Vater des jetzigen Emirs, Tamim – nach einem Putsch gegen seinen Vater 1995 eine sehr eigenständige politische Linie zu fahren begann.

Was die Saudis unter anderem zur Weißglut trieb, war Katars neues Instrument für "public diplomacy", der Fernsehsender Al Jazeera – der sich nicht scheute, die Regierungen der arabischen Brüderländer zu kritisieren (bei der eigenen ist er zurückhaltender). Al Jazeera ergriff 2011, als der Arabische Frühling ausbrach, zudem Partei für die Revolten – und gegen das Vorgehen gegen die Muslimbrüder nach dem zweiten Umsturz in Ägypten 2013. Genau wie die Türkei.

Verhärtete Linie gegen Iran

Beim Thema Muslimbrüder sind die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) noch sensibler als Saudi-Arabien – und die Versöhnung Dohas mit Riad dürfte einfacher werden als mit Abu Dhabi. Zum GCC-Gipfel in Riad am Dienstag kam nicht der De-facto-Herrscher der VAE Mohammed bin Zayed, sondern der Emir von Dubai, aber wohl auch deshalb, weil das Treffen ursprünglich in Dubai geplant gewesen war.

Zum Vorwurf wird Katar auch gemacht, dass es die verhärtete Linie gegen den Iran nicht mittragen wollte – mit dem es unter den Gewässern des Persischen Golfs ein riesiges Ölfeld teilt. Aber ihrerseits haben sich Kuwait und der Oman 2017 dem Boykott Katars durch die drei anderen nicht angeschlossen, sondern stets auf Versöhnung gedrängt. Auch von den USA kommt Druck auf eine Lösung der GCC-Krise. Sie haben in Katar eine riesige Luftwaffenbasis – und in Bahrain die 5. Flotte.

Die 13 Punkte

Katar waren ursprünglich 13 Forderungen vorgelegt worden, dazu gehört unter anderem, die militärische Zusammenarbeit mit der Türkei zu beenden. Während Katar bei seinen Beziehungen zu den Muslimbrüdern Konzessionen gemacht hat, lehnt es die Liste als Angriff gegen seine Souveränität ab. Wider Erwarten seiner Gegner wurde Katar durch den Boykott auch nicht wirtschaftlich in die Knie gezwungen, Emir Tamim reitet zudem auf einer neuen nationalistischen Welle. Für viele Kataris, Saudis und Emiratis ist die Krise aber eine persönliche Katastrophe, denn Familien wurden zerrissen, Existenzen zerstört. (Gudrun Harrer, 10.12.2019)