Zähneputzen sollte nicht verhandelbar sein, sagt die Zahnärztin Lydia Busenlechner. So wird es zur Selbstverständlichkeit.

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STANDARD: Nie im Jahr gibt es für Kinder so viele Süßes wie um die Weihnachtszeit. Reicht da eigentlich zweimal täglich Zähneputzen?

Busenlechner: Ja, es reicht vollkommen. Optimal wäre, wenn Kinder nicht die ganze Zeit über Süßes essen, sondern ein-, zweimal am Tag, und sich danach den Mund mit Wasser ausspülen.

STANDARD: Zähne putzen also morgens und abends, nicht im Kindergarten oder in der Schule?

Busenlechner: Ja, von Letzterem rate ich ab. Denn sie müssten ja dann zu Mittag im Kindergarten Zähne putzen. Kleine Kinder tauschen gerne Zahnbürsten, und dabei kommt es zu einem Bakterienaustausch.

STANDARD: Und warum ist das zu vermeiden?

Busenlechner: Weil die Bakterienflora im Mund etwas sehr Individuelles ist und Bakterien bei der Entstehung von Karies eine Schlüsselrolle spielen.

STANDARD: Für alle, die es nicht so genau wissen: Was genau verursacht Karies?

Busenlechner: Karies ist eine Infektion, die durch Bakterien entsteht. Es gibt gute und schlechte Bakterien in der Mundhöhle, die Zusammensetzung ist, wie gesagt, sehr individuell. Doch wenn die schlechten Bakterien überwiegen, dann entsteht Karies.

STANDARD: Und was hat das genau mit dem Zuckerkonsum zu tun?

Busenlechner: Schlechte Bakterien ernähren sich von Zucker. Sie nehmen ihn auf, verstoffwechseln ihn und scheiden ihn als Säure aus. Und genau diese Säuren sind es, die den Zahnschmelz angreifen und unwiederbringlich zerstören. Deshalb sind fluoridhaltige Zahnpasten für Kinder auch so wichtig. Sie helfen, den Zahnschmelz zu stärken.

STANDARD: Reicht eine Zahnbürste, oder sollen Kinder auch Zahnseide verwenden?

Busenlechner: Sobald die Backenzähne da sind, empfehlen wir auch Zahnseide, weil man in die hinteren Zahnzwischenräume mit der Bürste einfach nicht reinkommt. Auch regelmäßige Mundhygiene macht bei Kindern wirklich Sinn.

STANDARD: Ab welchem Alter?

Busenlechner: Ab dem dritten Lebensjahr. Der angenehme Nebeneffekt von Mundhygiene ist auch, dass Kinder die Scheu vor dem Zahnarzt verlieren. Es ist ein Termin, der nicht wehtut und dazu beiträgt, Kindern die Instrumente und Abläufe beim Zahnarzt zu erklären.

STANDARD: Sind schlechte Zähne eigentlich eine Veranlagungssache?

Busenlechner: Zu einem gewissen Prozentsatz vielleicht schon, aber jeder hat es wirklich in der Hand, hier gegenzusteuern. Es gibt vier Säulen: Zahnpflege, fluoridhaltige Zahnpasta, regelmäßige Kontrollen beim Zahnarzt oder bei der Zahnärztin und zuckerarme Ernährung.

STANDARD: Was, wenn Kinder einfach nicht Zähne putzen wollen?

Busenlechner: Es gibt Dinge, die sollten nicht verhandelbar sein. Zähneputzen gehört dazu. Es ist ja auch nicht so, dass Eltern ihre Kinder nicht wickeln, nur weil sie sich ungern wickeln lassen. Ich empfehle deshalb Müttern wie Vätern, schon Babys ins Badezimmer mitzunehmen, damit sie beim Zähneputzen zuschauen können. Kinder ahmen die Eltern automatisch nach, das kann ein Trick sein.

STANDARD: Und welche Form von Zucker ist besonders schlecht für die Zähne?

Busenlechner: Besonders schlecht sind süße Getränke, und noch schlechter ist, wenn man süße Getränke nicht aus einem Glas trinkt, sondern aus Sportflaschen, an denen die Kinder dann mehr oder weniger saugen. Davon rate ich ab. Wenn die Zähne von Zucker umspült sind, entwickelt sich Karies besonders gut und greift die Milchzähne an. Gerade Milchzähne haben eine besonders dünne Schicht Zahnschmelz, der besonders empfindlich ist. Und wenn schon naschen, dann danach immer Mund ausspülen. So kommt man gut durch die Weihnachtszeit. (Karin Pollack, 12.12.2019)