Die "Aktuellen Stunden" drehen sich auf Antrag der SPÖ um Maßnahmen gegen Gewalt an Frauen sowie auf Initiative der ÖVP um die Herausforderungen für die neue EU-Kommission.

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Wien – In der Nationalratssitzung am Mittwoch steht eine Reihe von Beschlüssen auf der Tagesordnung. Debattiert wird unter anderem über Maßnahmen gegen Gewalt an Frauen, Flüchtlinge in Lehre, die Auslieferung der FPÖ-Abgeordneten Wolfgang Zanger und Herbert Kickl sowie einen neuerlichen Antrag zum Glyphosat-Verbot.

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Eingebracht wird auch der rot-pinke Antrag eines Untersuchungsausschusses zur Casinos-Affäre. SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner und Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger erklärten am Mittwochvormittag, man wolle sich die mutmaßliche Käuflichkeit der türkis-blauen Regierung ansehen.

Politische Aufarbeitung von Ibiza und Causa Casinos

Untersuchungsgegenstand soll die politische Verantwortung hinter den Causen Ibiza und Casinos sein. Für Rendi-Wagner liegt der Verdacht nahe, dass den Ankündigungen von Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache im Ibiza-Video auch Taten gefolgt sind. Meinl-Reisinger betonte, dass Dringlichkeit geboten sei, da maßgebliche Akteure vermutlich auch in der nächsten Regierung Verantwortung übernehmen würden. "Das ist nicht nur ein FPÖ-Skandal, sondern auch ein ÖVP-Skandal. Mir kann niemand weismachen, dass hohe Regierungsverantwortliche von solchen Vorgängen nichts gewusst haben."

Der SPÖ-Abgeordnete Kai Jan Krainer sagte, man wolle sich auch die Bestellung von Organen in staatsnahen Betrieben ansehen. Es sei verdächtig, dass auffallend viele Spender der ÖVP plötzlich in Aufsichtsräten saßen "und bis heute in den Aufsichtsräten sitzen". Der U-Ausschuss soll bis Ende Jänner eingesetzt werden, SPÖ und Neos rechnen für März mit ersten Zeugenaussagen. Geladen werden sollen unter anderem der frühere Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP), der abgesetzte Casino-Aufsichtsrat Peter Sidlo (FPÖ), aber auch der frühere Casinos-Vorstand Dietmar Hoscher (SPÖ).

Diskussion über Maßnahmen gegen Gewalt an Frauen

Rendi-Wagner eröffnete die Debatte über Gewaltschutz mit dem Verweis auf den jüngsten Frauenmord in Niederösterreich vom Sonntag. 34 Frauen seien seit Jahresbeginn ermordet worden. Das größte Risiko sei dabei der eigene Partner. Sie forderte, Frauen zu stärken, um keine ökonomische Abhängigkeit enstehen zu lassen, etwa durch faire Entlohnung, ganztägige Kinderbetreuung in ganz Österreich und mehr finanzielle Mittel für den Opferschutz.

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Frauenministerin Ines Stilling zeigte sich in ihrer Rede erfreut, dass der Gewaltschutz Thema im Plenum sei. Sie appellierte an die Abgeordneten sowie die Verhandler einer möglichen türkis-grünen Regierung, das Frauenbudget um vier Millionen Euro aufzustocken, um die derzeitigen Opferschutzeinrichtungen erhalten zu können. Dazu brauche es zusätzliche Mittel für "unabdingbare Informationsarbeit".

Die frühere ÖVP-Frauenministerin Juliane Bogner-Strauß sowie FPÖ-Klubchef Herbert Kickl verteidigten indes die Maßnahmen der türkis-blauen Vorgängerregierung, etwa das Gewaltschutzpaket, den Ausbau von Beratungsstellen und eine Screening-Einrichtung. Kickl kritisierte hingegen die "Kuscheljustiz" der SPÖ und forderte die volle Härte des Gesetzes für Gewalttäter. 50 Prozent der Täter aus der Screening-Gruppe seien keine österreichischen Staatsbürger gewesen. Die Freiheitlichen träten für härtere Strafen ein, man wolle Opfer und nicht Täter schützen. Außerdem hole man immer mehr Straftäter durch die Zuwanderung ins Land, meinte die FPÖ-Abgeordnete Dagmar Belakowitsch.

Dass höhere Strafen nicht zu einem Rückgang an Taten führen würden, antworteten darauf Abgeordnete der Grünen und der Neos. Prävention und Resozialisierung im Vollzug seien wichtig, damit eine Tat nicht wiederholt werde, betonte Selma Yildirim (SPÖ).

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Asylwerber dürfen Lehre beenden

Im Plenum wird auch eine Gesetzesnovelle behandelt, die es von Abschiebung bedrohten Flüchtlingen ermöglicht, ihre Lehre in einem Mangelberuf zu beenden. Es geht um knapp 800 Asylwerber. Im Anschluss müssen die jungen Männer und Frauen das Land trotzdem verlassen, wenn sie keinen Aufenthaltstitel erhalten. Die Novelle wird von ÖVP, SPÖ, Grünen und Neos unterstützt. Die Neos-Abgeordnete Stephanie Krisper bezeichnete den Kompromiss zuletzt allerdings nur als "besser als nichts, aber auch nicht viel mehr". Die ÖVP betont es gehe um die Aufschiebung der Frist zur Abschiebung, um eine Lösung für jene Lehrlinge zu finden, welche sich derzeit noch in Ausbildung befinden. SPÖ und Neos wollen weiterführende Anträge dazu einbringen. Die FPÖ kritisierte unterdessen die "drohende Vermischung" von Asyl und Zuwanderung, der Abgeordnete Hannes Amesbauer verwies auf die kürzlich verhinderte Abschiebung eines Lehrlings aus Langenlois. Der Rechtsstaat werde ausgehebelt.

Josef Muchitsch von der SPÖ bedankte sich bei all jenen Unternehmen, die bereit waren, jungen Menschen eine Lehrstelle zu geben. Dass die Asylwerber österreichischen Jugendlichen Lehrplätze wegnehmen würden, wie das die FPÖ behauptet, hält er schlicht für einen "Unsinn". Es handle sich ja explizit um Mangelberufe. Er brachte einen Antrag der SPÖ ein, der vorsieht, dass jene jugendlichen Asylwerber, die in Österreich eine Lehre in einem Mangelberuf abgeschlossen haben, auch die Möglichkeit zur Erlangung der Rot-Weiß-Karte erhalten.

Alma Zadic von den Grünen zeigte sich mit der Novelle zufrieden, wertete sie als gemeinsames Zeichen, dass sich Leistung lohne.

Ein weiterer Beschluss des Plenums ist die Gehaltserhöhung für Beamte, die durchschnittlich 2,3 Prozent beträgt. Aufgestockt wird in der Sitzung zudem das Budget für den Verein für Konsumenteninformation (VKI) nach Vorlage eines türkis-grünen Antrags.

Zanger wird wohl ausgeliefert, Kickl nicht

Dazu entscheiden die Abgeordneten voraussichtlich, ob die FPÖ-Abgeordneten Zanger und Kickl auf Antrag der Strafverfolgungsbehörden "ausgeliefert" werden. In ersterem Fall wird in Zusammenhang mit der Liederbuchaffäre nach dem Verbotsgesetz ermittelt, in zweiterem wegen Verhetzung. Kickl hatte auf dem FPÖ-Parteitag in Graz von einer "Triple-A-Bewertung" für "aggressive afghanische Asylwerber" gesprochen. Der Immunitätsausschuss sah diese Aussage in einer Sitzung am Dienstag im Zusammenhang mit Kickls politischer Tätigkeit und lieferte ihn deshalb nicht aus: Es gehe um politische Äußerungen und damit um den Kern der Immunität von Abgeordneten.

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Die Sozialdemokraten werden schließlich einen neuerlichen Antrag zum Glyphosat-Verbot einbringen. Der Pestizid-Wirkstoff hätte eigentlich schon ab 1. Jänner verboten sein sollen. Der am 2. Juli beschlossene Gesetzesentwurf war der EU aber nicht zur Notifizierung übermittelt worden. (red, 11.12.2019)