Europas Stromnetze müssen auf die Erfordernisse der Elektromobilität vorbereitet werden.

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Dornbirn – Angesichts der zunehmenden Zahl von Elektroautos taucht die Frage auf: Können die Stromnetze hier eigentlich mithalten? "Man muss definitiv etwas tun", sagt Markus Preißinger, Illwerke-VKW-Stiftungsprofessor für Energieeffizienz an der FH Vorarlberg. Doch immerhin: Der Hut brennt noch nicht. "Man muss dazusagen, dass wir in Österreich noch ausreichend Zeit haben, uns darum zu kümmern. Das ist nicht überall so."

Markus Preißinger und sein Team vom Forschungszentrum Energie der FH sind dabei, im Interreg-Projekt E-Mob Strategien zu entwickeln, die Europas Stromnetze auf die Erfordernisse der Elektromobilität vorbereiten, und Entscheidungsgrundlagen für die Gestaltung einer künftigen Stromversorgung zu schaffen. Die Partner im Projekt stammen aus insgesamt acht europäischen Ländern.

Verschiedene Strategien

Gegenwärtig können sich die Netzversorger noch gut auf punktuelle Spitzen einstellen. Künftig könnte der Leistungsbedarf der privaten Ladestationen in den Niedrigspannungsnetzen aber mit einer hohen Gleichzeitigkeit auftreten – etwa am Abend, wenn Pendler zu Hause ankommen.

"Wenn die Elektromobilität Fahrt aufnimmt, kann nicht mehr individuell berechnet werden, ob ein Anschluss zu stabilen Ergebnissen führt", betont Peter Kepplinger, Gruppenleiter Energiesysteme und -komponenten an der FH Vorarlberg, der mit Preißinger am Projekt arbeitet. "Hier muss das automatisierter und digitaler ablaufen."

Es gibt verschiedene Strategien, um mit der Problematik umzugehen. Künftige Ausbauten werden das Netz allmählich leistungsfähiger machen. Ein Ansatz wird sein, möglichst viel Ladebedarf mit öffentlichen Stationen oder am Arbeitsplatz der Autobesitzer abzufangen, wo entsprechende Leistungen kein Problem sind, tagsüber geladen werden kann und im besten Fall auch Solarstrom verfügbar ist.

Dennoch wird eine Form des Lastenmanagements nötig sein. Man könnte zwar einfach die Ladeleistungen in starren Regelungen begrenzen, letztlich braucht es für Preißinger aber intelligentere Lösungen – nach dem Prinzip: "Laden viele Autos, muss man die Leistung verteilen. Laden nur wenige, kann individuell mit höherer Leistung geladen werden."

Ladevorgänge koordinieren

Es werde etwa an Methoden gearbeitet, um spannungsabhängig zu regeln, erläutert Kepplinger. "Dabei misst das System die Spannung im Netz und entscheidet in Echtzeit, wie viel Leistung das Fahrzeug nutzen darf." Ein nächster Schritt wäre ein Management, das Ladevorgänge an vielen Orten so koordiniert, dass sowohl das Netz stabil bleibt als auch die Fahrzeuge genügend Energie im Akku haben.

"Bei den heterogenen Strukturen im Privatbereich macht die Arbeit mit prädiktiven Methoden Sinn", sagt Kepplinger. Aus Verbraucherdaten werden dabei Vorhersagen geschöpft – etwa wann ein Nutzer sein Fahrzeug benötigen wird –, auf denen wiederum eine mathematisch optimiertes Lademanagement basieren kann.

Dafür gibt es noch viel Forschungsbedarf: "Offen ist, welche Daten man sammeln darf oder wie man zu einem normierten Auslesen des Batterieladestands kommt", gibt Kepplinger Beispiele. Beim Lademanagement über den Strompreis sind die Forscher übrigens skeptisch. Preise würden überregional festgesetzt, das Lademanagement müsse jedoch regional funktionieren. (Alois Pumhösel, 13.12.2019)