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Jürgen Klopp nimmt sich in die Kritik.

Foto: Reuters/John Sibley

Salzburg – Nach dem nervenaufreibenden Match von Salzburg plagte Jürgen Klopp das schlechte Gewissen. Nicht wegen des letztlich überzeugenden K.o.-Sieges beim frechen Herausforderer in Österreich, sondern weil er selbst zu heftig ausgeteilt hatte.

"Absolut scheiße" habe er sich am Vorabend des 2:0 (0:0)-Erfolgs mit dem FC Liverpool bei RB Salzburg im Gruppen-"Finale" der Champions League verhalten, sagte Klopp bei der Pressekonferenz zum sichtlich verdutzten Übersetzer und entschuldigte sich bei dem Sprachexperten.

"Kompletter Blödsinn"

22 Stunden zuvor hatte der Welttrainer den armen Kerl noch in aller Öffentlichkeit bloßgestellt. Das, gab Klopp nun zu, sei in der Sache richtig, in der Art und Weise aber "kompletter Blödsinn" gewesen. Und damit das auch die Liverpool-Reporter mitbekamen, fügte er auf Englisch an: "Sorry, I was an idiot!" Für den Dolmetscher eine "wunderbare Geste", wie er sagte, "Klopp hat dafür meinen größten Respekt".

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"Ist natürlich scheiße für den Dolmetscher, wenn ein Deutsch sprechender Trainer daneben sitzt", polterte der Teammanager am Montag. Klopp grätschte während der Pressekonferenz bei den Ausführungen des Übersetzers so harsch dazwischen, weil er eine Aussage seines Kapitäns Jordan Henderson als falsch übersetzt empfand. "Er hat nicht gesagt: 'Wir wollen es leicht angehen', sondern 'wir sind uns der Schwere der Aufgabe bewusst', das normale Zeug halt", sagte der Trainer der Reds in seiner Muttersprache und führte aus: "Also schon zuhören. Sonst kann ich das auch übersetzen. Das ist ja nicht so schwer."

Am Mittwoch war die Welt wieder in Ordnung. "Liverpool erinnert Europa daran, warum sie es so souverän regieren", schrieb das Liverpool Echo, der Daily Telegraph kommentierte mit Blick aufs Achtelfinale: "Auf dieses unbarmherzige Liverpool will sicher niemand treffen, es ist schwer vorstellbar, wer es ausschalten könnte." Zumal Klopp mit seiner Mannschaft bisher in Europa immer (!) ins Finale kam. "Der Traum von Istanbul lebt", titelte der Guardian entsprechend.

"Sie sind uns förmlich angesprungen"

Auf dem Weg zur erfolgreichen Titelverteidigung am 30. Mai in der Türkei musste Liverpool in Salzburg Schwerstarbeit verrichten. "Sie sind uns förmlich angesprungen", sagte Klopp über die "schlauen" und aggressiv pressenden Salzburger, sein Kollege Jesse Marsch sah ein Fußballspiel "wie ein Schwergewichtskampf. Sie schlugen zu, wir schlugen zu – und am Ende haben sie zweimal richtig getroffen". Der frühere Salzburger und Leipziger Naby Keita (57.) und Mohamed Salah (58.) entschieden das packende Duell mit ihren Toren binnen 100 Sekunden.

Klopp sparte nicht mit Lob für Keita, der sein bestes Spiel seit seinem Wechsel nach Liverpool machte, und vor allem Salah. Dessen verrücktes Tor aus spitzestem Winkel "hatte was von Golf, vom Putten", sagte er bei DAZN, "das war fantastisch". Der Ägypter hatte zuvor mehrere Großchancen kläglich vergeben, "aber er ist cool geblieben", sagte Klopp, "das zeichnet große Spieler aus". Und große Mannschaften.

"Ich liebe es, wie smart mein Team ist"

"Ich liebe es, wie smart mein Team ist", sagte Klopp. Der herausragende Charakter seiner Elf mache es "leichter, all den Widrigkeiten zu trotzen, denen wir begegnen". Diese dürften auf Gruppensieger Liverpool auch im Achtelfinale warten. Neben einem Rendezvous mit Klopps alter Liebe Borussia Dortmund ist etwa ein Duell mit Rekordchampion Real Madrid möglich.

Salzburg bleibt nach dem geplatzten Traum von der Sensation die Europa League als Trost. "Wir können dieses Turnier gewinnen", sagte Coach Marsch, "das ist unser Ziel." Zu ambitioniert? Liverpool-Star Virgil van Dijk widersprach: "Ich bin überzeugt, dass Salzburg in der Europa League noch einige überraschen wird." (sid, 11.12.2019)