Der Prozess gegen zwei Ärzte wegen fahrlässiger Tötung hat am Mittwoch am Landesgericht Salzburg begonnen.

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Salzburg – Es ist ein tragischer Fall, den Richterin Gabriela Glatz am Mittwoch am Landesgericht Salzburg zu entscheiden hat. Der 17 Monate alte David starb nach einem kleinen Eingriff. Die Staatsanwaltschaft wirft den behandelnden Ärzten, einem Kinderchirurgen und einem Anästhesisten, grob fahrlässige Tötung vor. Die Ärzte verteidigten ihr Vorgehen vor Gericht und bekannten sich nicht schuldig.

Beim Spielen hatte sich David am 17. April 2018 einen nadelkopfgroßen Blutschwamm im Gesicht aufgekratzt. Er begann zu bluten, die Eltern riefen die Rettung und brachten das Kleinkind ins Krankenhaus. In der Notfallaufnahme der Kinderheilkunde im Salzburger Landeskrankenhaus konnte die Blutung nicht gestillt werden. Deshalb wurde der 58-jährige Kinderchirurg hinzugezogen, der versuchte, die Wunde zu veröden. Doch auch das stillte die Blutung nicht. Er zog den Anästhesisten hinzu. Obwohl der Bub zwei Stunden zuvor Joghurt mit Früchten und Rote Bete gegessen hatte, entschieden die Ärzte, ihn zu operieren. Das Kleinkind atmete Erbrochenes ein und starb elf Tage später im Spital.

Laut Staatsanwaltschaft zu schnell operiert

Der Chirurg habe zu wenig lang versucht, die kleine Blutung an der Wange mit konservativen Maßnahmen zu stillen, sagte die Staatsanwältin. Laut dem Sachverständigengutachten hätten dazu 15 bis 30 Minuten gereicht. Dem Anästhesisten wirft sie vor, dass er bei der Sedierung nicht abgewartet habe, bis das Kind nüchtern ist. "Die Operation wurde zu früh durchgeführt."

Die Verteidiger drückten im Namen der beiden Ärzte ihre tiefe Betroffenheit und Bedauern aus. Es gehe nicht darum, etwas zu vertuschen oder schönzureden, aber es hätte "kein ungewöhnliches, sorgfaltswidriges Handeln" gegeben, betonte der Anwalt des Chirurgen, Helmut Hüttinger. Es mache für das Risiko, Erbrochenes einzuatmen, keinen Unterschied, ob der Patient nüchtern oder nicht nüchtern sei. Bei 250.000 Kindern verlaufe ein Fall tödlich. "Auch wenn ein Fall einer zu viel ist."

"Fast täglich werden Kinder nicht nüchtern operiert"

"Laufend, fast tagtäglich werden Kinder in nicht nüchternem Zustand operiert", führte auch der Kinderchirurg bei seiner Einvernahme aus. Er habe in 27 Jahren als Arzt keine derartigen Komplikationen erlebt. Er habe der Operation zugestimmt – mit dem Wissen, dass David nicht nüchtern gewesen sei. Der Anästhesist, der auch für zwei weitere Abteilungen zuständig war, habe Zeit gehabt. "Er hat gesagt, wir können das gleich machen. Ich muss zugeben: Ich habe nicht Nein gesagt." Der Bub bekam keine Vollnarkose, sondern eine sogenannten Sedoanalgesie, eine auch als Dämmerschlaf bezeichnete Sedierung.

Der Anästhesist widersprach der Aussage, er habe den OP-Termin festgelegt. Er habe eine Risikoabwägung gemacht. Es habe eine aktive Blutung gegeben, er habe den Blutverlust klinisch eingeschätzt und die Nüchternheit abgeschätzt. "Auf der Wange waren mehrere Tupfer voll mit Blut und eine zwei Handflächen große Blutlache am Boden", führte der Arzt aus. In seinen bisherigen Aussagen sei davon noch keine Rede gewesen, merkte die Richterin an. Ihm sei das Risiko, dass das Kind Erbrochenes einatmen könnte, bewusst gewesen. "Aber es kommt sehr, sehr selten vor."

Ärzte im Juni suspendiert

Der Prozess wurde am Mittwoch auf unbestimmte Zeit vertagt. Beim nächsten Termin sollen die beiden Gutachter gehört werden und vier Zeugen einvernommen werden. Der Strafrahmen für das Delikt der grob fahrlässigen Tötung reicht bis zu drei Jahren Haft.

Der Fall sorgte bereits vor dem Prozess für Aufsehen, weil die Spitalsleitung lange Zeit weder einen Fehler einräumte, noch sich bei den Eltern entschuldigte. Im Juni 2019 wurden die beiden Ärzte dann suspendiert. In Absprache mit der Versicherung hat das Spital die Haftung anerkannt und die Eltern finanziell entschädigt. (Stefanie Ruep, 11.12.2019)