Ob der Vogel an einer Vergiftung starb, steht nicht im Nachhaltigkeitsbericht.

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Unternehmen werden längst nicht mehr bloß als Geldschöpfmaschinen oder Arbeitsplatzbeschaffer wahrgenommen. Sie sind Akteure in einer Welt, in der Themen wie Nachhaltigkeit und Klimaschutz über die Jahre wichtiger geworden sind und heute Hochkonjunktur haben. Wer Geld in eine Firma steckt, will auch wissen, wofür diese steht – egal, ob als Investor oder als Geschäftspartner.

Dass Ökologie und Nachhaltigkeit immer wichtiger würden, war schon länger klar – auch an den Börsen. Der Gesetzgeber hat Ende 2016 darauf reagiert und festgeschrieben, dass kapitalmarktorientierte große Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten in Österreich verpflichtet sind, auch eine nichtfinanzielle Erklärung abzugeben. Mit anderen Worten: Heimische Börsenunternehmen müssen seit 2017 nicht nur ihre Zahlen offenlegen, sondern auch, wie sie etwa mit Korruption, Umwelt und Menschenrechten umgehen. Eine Studie der Arbeiterkammer (AK) und der Wirtschaftsuniversität Wien (WU) zeigen nun: hehre Ziele, mäßiger Erfolg.

Schlecht vergleichbar

Was die vom Nachhaltigkeits- und Diversitätsverbesserungsgesetz (NaDiVeG) betroffenen Börsenunternehmen bisher vorgelegt haben, erlaubt nur bedingt Einblick in die Unternehmenskulturen jenseits der Zahlen. Beispiel Wesentlichkeitsanalyse: Darin legen Unternehmen dar, welche Themen für die Unternehmensentwicklung und somit für Stakeholder besonders wichtig sind. Die Spannbreite der Berichte lag zwischen zwei und 13 Seiten. Die Nachvollziehbarkeit seitens Dritter bleibe auf der Strecke, so die Einschätzung der Autoren.

Auch zogen die Unternehmen die Grenzen ihrer Berichterstattung nach eigenem Gutdünken. Es sollte genauer definiert werden, welche Organisationen und welche Organisationsteile in die Berichterstattung miteinbezogen werden müssen, konkludierten die Studienautoren.

Risiken unklar

Weiters würden sich Börsenunternehmen zieren, die Risiken für Umwelt, Mitarbeiter, Kunden und andere Stakeholder genau aufzuschlüsseln. "Unternehmen scheuen sich offenbar davor, sie anzugeben, weil sie über diese Risiken mitunter selbst nicht vollständig Bescheid wissen oder auch nicht in der Lage sind, etwas dagegen zu unternehmen", schlussfolgert der Studienautor Josef Baumüller, der an der WU forscht.

Und letztlich habe die Analyse auch gezeigt, dass sich Aufsichtsräte zu wenig mit der nichtfinanziellen Berichterstattung ihrer Unternehmen befassen. Laut NaDiVeG prüft das Gremium, ob die Berichterstattung rechts- und zweckmäßig ist. Dazu fehle es in den meisten Aufsichtsräten schlicht an Expertise.

Nachholbedarf beim Gesetz

"Legistischen Aufholbedarf" ortet der Direktor der AK Wien, Christoph Klein. Er schätzt, dass 2019 nur etwa die Hälfte der vom Berichtsgesetz betroffenen Firmen es schaffen, 2019 eine gesetzeskonforme Berichterstattung vorzulegen. Schuld seien nicht nur die Unternehmen, sondern auch das schwammig formulierte Gesetz. Vor allem große Unternehmen von der OMV über die Voestalpine bis zur RBI schaffen es derzeit, das Gesetz umzusetzen und ausführliche Berichte vorzulegen. Andere seien aber überfordert.

Klein fordert deshalb klare Vorgaben für Unternehmen, wie korrekte Berichterstattung auszusehen hat. Als Interessenvertreter von Arbeitnehmern hat er besonders Beschäftigungsindikatoren wie Überstunden, Fluktuation und Unfallraten im Blick. Aber auch Emissionsmengen, Rohstoffverbrauch und Maßnahmen gegen Umweltverschmutzung sollen als Themen vorgeschrieben werden.

Derzeit fallen 89 heimische Unternehmen unter das NaDiVeG. Zu wenige, wie die Studienautoren befinden. Der Gesetzgeber ist ursprünglich von 125 betroffenen Börsenunternehmen ausgegangen. Der Geltungsbereich sollte auf alle großen Kapitalgesellschaften und auf Unternehmen, die mehrheitlich im Eigentum des Bundes stehen, ausgeweitet werden, fordert Klein.

Klimathemen wenig etabliert

Tatsächlich sind die 89 Unternehmen – oder 0,09 Prozent aller Kapitalgesellschaften –, die einen nichtfinanziellen Bericht vorlegen müssen, repräsentativ, wenn es um den Umgang mit Themen wie Umweltschutz und ökologische Risiken geht. Zumindest folgt das aus einer Studie, die jüngst von der Steuerprüfgesellschaft PwC vorgelegt wurde.

Demnach seien Klimathemen hierzulande noch wenig in Unternehmensstrategien integriert. Sechs von zehn Unternehmen würden klimabezogene Themen in ihrer Strategie erwähnen, meist im Kapitel der Nachhaltigkeitsstrategie. Allerdings handelt es sich beim größten Teil der Fälle um sehr allgemein gehaltene Formulierungen. Doch gibt es Variationen zwischen den Branchen. Laut dem PwC-Bericht ist der am wenigsten transparente Bereich der Finanzsektor. (Aloysius Widmann, 11.12.2019)