Im Wienerischen Korinth ist die Ehe am Ende: Michaela Kaspar und Julian Loidl.

Anna Stöcher

Das Theater an der Gumpendorfer Straße (TAG) gehört – mit Bernhard Ensemble und Bronski & Grünberg – zum Zirkel der freien Klassikerauffrischungsstätten Wiens. Regisseur, Autor und Leiter Gernot Plass unterzieht Stücke wie Hamlet oder Die Räuber jeweils einer gebrochenen, ironisch abgeklopften Runderneuerung. Nun war auch die Zeit für Euripides’ Medea gekommen. In der Neudichtung heißt das Drama Medea. Ich, ich, ich, ich und dauert knappe hundert Minuten.

Es sind Mafiaverhältnisse, die in der als "Wien" titulierten Metropole Korinth herrschen. Papa Kreon (Jens Claßen) ist Bürgermeister und hat bis auf seine Tochter Kreusa (Lisa Schrammel) nicht viel zu bieten. Die aber ist durchtrieben. Sie krallt sich im Restaurant (!) einen Mann (Julian Loidl als Jason) und verlangt für ihre angestrebte Instant-Mutterschaft auch dessen Kinder mit dazu. Aber da gibt es noch Jasons migrierte Frau und Kindsmutter Medea (Michaela Kaspar); ihr Name steht seit zweieinhalb Jahrtausenden dafür ein, dass es mit der neuen Familie nicht gut ausgehen wird.

Kampf auf Lederfauteuils

Medea, die "Ausländerin" aus Kolchis, soll entsorgt werden, die Abschiebung droht. Auf jeweils neu arrangierten weißen Lederfauteuils (Ostblock-Schick?) kocht der Kampf um Ehe, Bleibe und Kinder hoch. Dabei drückt Regisseur Plass zwar zu sehr auf die Ehehöllen-Taste, erlöst dafür aber die Figur der Kreusa aus ihrer Passivität und bürstet sie hoch zur infamen Intrigantin.

Die Inszenierung gerät zum Duell der Frauen. Medea, eine frei nach Svenja Flaßpöhler "potente Frau", baut in expressionistischen Posen ihrer Opferrolle kräftig vor und macht auch ihre Ankündigung wahr, sich das Herz aus die "Hendlbrust" ihrer Feindin zu holen. Respekt. Einzig: Der (antike) Chor hat nicht funktioniert, die Versform war nicht zu stemmen. (afze, 12.12.2019)