Schwefel hat im Periodensystem die Ordungszahl 16, stark verdünnt stellt der gelbe Stoff wieder her, was sich ein stramm katholischer und homöopathischer Arzt in Bayern unter Ordnung vorstellt: Das "Umpolen" von Homosexuellen ist ein Steckenpferd des Arztes Gero Winkelmann aus Unterhaching. Er kann auch von Erfolgen berichten: "Kürzlich konnte ich einem jungen Studenten schon mit der alleinigen, initialen Gabe von Sulfur D 200 Erleichterung verschaffen." Der Satz stammt aus einem Briefwechsel Winkelmanns mit einem Arzt, der sich über die "medizinische Behandlung" homosexueller Männer empört hatte.

Den Briefwechsel und manch anderes Kleinod zu Homöopathie und Fundamentalismus findet man auf der Webseite Winkelmanns und dessen "Bundes Katholischer Ärzte". Von seiner Gabe, Homosexuelle mit Homöopathie "heilen" zu können, ist Winkelmann überzeugt. Oft reichen dafür ein paar Globuli nicht aus. Zusätzlich zum Schwefel in homöopathischer Dosis wären ein paar Nosoden fällig. Diese aus allerlei Sekreten wie Eiter, Blut und Krankheitserregern hergestellten homöopathieähnlichen Mittel würden zunächst den Körper des Homosexuellen entgiften. Wenn man den Dreck verträgt, merken wir an. 

Wer danach nicht von der "Krankheit Homosexualität" geheilt sei, der müsse noch Psychotherapie und religiöse Zuwendung erfahren. Ob Winkelmann mit umpolungsfreudigen Männern mit oder ohne musikalische Untermalung von Andreas Gabalier nach intensiven Rosenkranz-Mantras auf Holzscheiten kniet? Wir wissen es nicht.

"Sex ist keine Privatsache", sagt Winkelmann

Die katholischen Ärzte plädieren dafür, Homosexuelle nicht zu diskriminieren. Das wäre nämlich der Fall, wenn man Ihnen nicht hilft, ihre "Krankheit" zu überwinden. Sogar ein eigener "Forschungskreis Homosexualität" wurde vor einigen Jahren von Winkelmanns ärztlicher Hetero-Pressuregroup eingerichtet. Dass der deutsche Gesundheitsminister Jens Spahn vor wenigen Monaten ein Verbot der bizarren "Behandlung" von Homosexualität angekündigt hat, empört die straighten Mannen um Winkelmann natürlich. Er richtet Spahn aus: "Sex ist keine Privatsache!" und will selbstverständlich weiter forschen. Medien sehen die Ärzte skeptisch. "Wir mussten nämlich erfahren, dass eine gewisse Öffentlichkeit ( Ärzte selber, Medien, aktive Homosexuelle, Politiker) unseren sachlichen Ansatz für eine 'neue', für manche unbekannte und ungewohnte Therapie nicht zur Kenntnis nehmen will."

Zwei küssende Männer bringen den bayrischen Arzt besonders ins Schwitzen.
Foto: APA/AFP/VINCENZO PINTO

Repetitorium der Homöopathie listet Homosexualität als Krankheit

Dass Homosexualität keine Krankheit ist, hat sich bei Homöopathen auch abseits der katholischen Ärzte noch nicht ganz durchgesetzt. Das deutsche Online-Repetitorium der Homöopathie listet Homosexualität nach wie vor als Krankheit – alphabetisch eingeordnet zwischen Hodenkrebs und Hornhautverkrümmung. Die private Praxis "Naturheilkunde Essen" sieht das Mittel Causticum "bei homosexuellen Neigungen" indiziert. Die Enzyklodädie „Homöowiki“ empfiehlt das edle Metall Platin bei jenen, die unter anderem von den Gemütszuständen "Homosexualität" oder "Perversionen“ geplagt sind und obendrein bei schweren Krankheiten: "PLATIN ist ein wichtiges Mittel für HIV-kranke Homosexuelle". Dass das Metall in homöopathischer Form auch "bei bösen Folgen von den Anschlägen des 11. Septembers, wenn starke Gefühle von völliger Ohnmacht, Einsamkeit und Kleinheit vorherrschend waren" hilft, führt etwas vom Thema weg, sollte der werten Leserschaft aber nicht vorenthalten werden. Ratlos lässt uns – und vermutlich auch Doktor Winkelmann – ein homöopathisches "Schlüsselsymptom" für das Metall Platin zurück: "Für affektierte alte Jungfern." (Christian Kreil, 18.12.2019)

Leuchtende Augen Faktor: ☆☆☆☆☆

Schwiegermutter-Geschenk Tauglichkeits Faktor: ☆☆☆☆☆

Umtauschgefahr Faktor: ★★★★★