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Premierminister Édouard Philippe versucht, die Proteste zu beenden.

Foto: Reuters

Paris – Massive Streiks haben Frankreich tagelang in Atem gehalten. Seit vergangener Woche kam es wiederholt zum totalen Verkehrsraum im Land, wobei vor allem der Großraum Paris besonders betroffen war. Nun hat die französische Regierung eingelenkt. Sie hat am Mittwoch deutliche Zugeständnisse an die Bevölkerung signalisiert, und zwar bei der geplanten Pensionsreform, die ja Hauptanstoß der aktuellen Protestwelle war.

Es wird zwar an den Kernpunkten der Reform festgehalten, allerdings gibt es lange Übergangsfristen. Premierminister Édouard Philippe sprach am Mittwoch bei der Vorstellung der Pläne von einer "sehr schrittweisen" Einführung. Wichtiger Punkt auch: Es wird eine Mindestpension von 1.000 Euro geben.

So soll grundsätzlich der erste Jahrgang, der von dem neuen System betroffen sein wird, der Geburtsjahrgang 1975 sein. Das sind also Beschäftigte, die heute in großer Mehrheit 44 Jahre alt sind. Bisher war bekannt geworden, dass die Reform für Beschäftigte vom Jahrgang 1963 an gelten soll. Es handelt sich damit um eine bedeutende Verschiebung.

Das gesetzliche Pensionsantrittsalter von 62 Jahren will die Regierung nach den Worten des Regierungschefs zwar offiziell nicht antasten. Allerdings müssen alle, die vor dem Alter von 64 in den Ruhestand gehen wollen, ab 2027 Abschläge bei ihren Altersbezügen hinnehmen.

"Pakt der Generationen"

"Wir schlagen einen neuen Pakt zwischen den Generationen vor", sagte der Regierungschef in einer knapp einstündigen Rede. Ziel sei ein "gerechtes und dauerhaftes" Pensionssystem, in dem nicht mehr einige auf Kosten aller bevorzugt würden.

Premier Philippe bestätigte, dass ein einheitliches System eingeführt werden soll. "Die Zeit für ein universelles System ist gekommen, die Zeit der Sondersysteme endet", sagte er. "Wir alle wissen, dass unsere Kinder im Durchschnitt weniger durchgehende Karrieren haben werden als wir, dass die berufliche Mobilität heute stärker ist als in der Vergangenheit. Unser Pensionssystem muss das zulassen."

1.000 Euro Mindestpension

Philippe bestätigte außerdem die Einführung eines Punktesystems und einer Mindestpension von 1.000 Euro pro Monat für alle mit einer kompletten Berufslaufbahn. "Die Frauen sind die großen Gewinnerinnen des universellen Systems", so Philippe. Auch Geringverdiener sollen deutlich bessergestellt werden. "Ich stehe voll und ganz hinter dieser Reform, weil ich sie für gerecht halte", betonte der Premier. Die Vorschläge würden rechtfertigen, dass die gegen die Reform gerichteten Proteste und Streiks aufhören müssten.

Weiter Kritik: "Überhaupt nicht glücklich"

"Wir sind überhaupt nicht glücklich mit den Ankündigungen der Regierung", sagte der Chef der linken Gewerkschaft CGT, Philippe Martinez. "Es ist ein Witz und macht sich über diejenigen lustig, die heute kämpfen", sagte er dem Sender LCI Television. Die CGT rief für den 12. und 17. Dezember zu neuen Protesten auf. Auch die moderate Gewerkschaft CFDT kündigte weiteren Widerstand an. Mit der Reform werde eine "rote Linie" überschritten, sagte deren Chef Laurent Berger dem Sender BFM.

Die Proteste werden also trotz des Einlenkens weitergehen. Mit der Reform wollen Staatspräsident Emmanuel Macron und seine Regierung die Zersplitterung in 42 Pensionskassen beenden und Menschen dazu bringen, länger zu arbeiten. (APA, red, 11.12.2019)