Mit einer klaren Zustimmung war im Vorfeld des Referendums in Bougainville zwar gerechnet worden, das Ausmaß überraschte dann aber doch: 98 Prozent stimmten für eine Unabhängigkeit von Papua-Neuguinea. Der Vorsitzende der Kommission für das Bougainville-Referendum – der ehemalige Premier Irlands, Bertie Ahern – verlautbarte am Mittwochnachmittag (Ortszeit) in der Provinzhauptstadt Buka das Ergebnis. "Die Feder ist immer stärker als das Schwert", erklärte Ahern unter dem Jubel der Anwesenden.

Friedensprozess

Das nicht bindende Referendum ist Teil eines langfristig angelegten Friedensplans nach einem zehn Jahre dauernden Konflikt mit bis zu 20.000 Toten. Die Letztentscheidung, ob Bougainville Papua-Neuguinea verlassen darf, trifft das Parlament in der Hauptstadt Port Moresby.

Die Abstimmung dauerte zwei Wochen, das Ergebnis war eigentlich erst kurz vor Weihnachten erwartet worden. Dank der beispielhaften Organisation konnte die Veröffentlichung vorgezogen werden. Trotz schwierigster Bedingungen – viele Dörfer in abgelegenen Gebieten mussten erreicht werden, Infrastruktur ist kaum vorhanden, die Analphabetenrate ist hoch, zahlreiche Bougainviller flüchteten ins Ausland – lief das Referendum reibungslos, nach internationalen Standards und vor allem friedlich und in einem festlichen Rahmen ab.

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Bougainvilles Präsident John Momis, Kommissionsvorsitzender Bertie Ahern und Papua-Neuguineas Bougainville-Minister Sir Puka Temu mit der Urkunde zum Referendum. (von links nach rechts)
Foto: Bougainville Referendum Commission/Jeremy Miller/Handout via REUTERS

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181.067 Stimmzettel mussten geprüft werden, die Wahlbeteiligung betrug 85 Prozent.
Foto: BRC/JEREMY MILLER/VIA REUTERS

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176.928 Wähler stimmten für die Unabhängigkeit von Papua-Neuguinea, 3043 für eine größere Autonomie. Nur 1096 Stimmen waren ungültig.
Foto: BRC/JEREMY MILLER/VIA REUTERS

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Bertie Aherns Verkündung des Wahlergebnisses wurde von den Anwesenden bejubelt.
Foto: Serahphina Aupong/U.N. in PNG via AP

Der für Bougainville zuständige Minister Papua-Neuguineas, Puka Temu, bezeichnete in Buka das Referendum als "glaubwürdig", mahnte jedoch, dass das Parlament das letzte Wort habe. Über das weitere Prozedere müssen nun die Regierung Papua-Neuguineas und die autonome Regierung Bougainvilles verhandeln. Knackpunkt dabei ist die Frage, wie Bougainville seine Eigenstaatlichkeit finanzieren kann. Derzeit ist die Provinz hochgradig von Unterstützung aus dem ebenfalls armen Papua-Neuguinea und von internationalen Geldgebern abhängig.

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Die Einwohner Bougainvilles feierten das Referendum als zweiwöchiges Fest.
Foto: Jeremy Miller/BRC via AP

Doch die Schatzinsel Bougainville sitzt auf reichen Rohstoffvorkommen. Diese sind Segen und Fluch zugleich. In der seit drei Jahrzehnten stillstehenden Panguna-Mine lagert eines der reichsten Kupfer- und Goldvorkommen der Welt. Schon Papua-Neuguinea hatte mit Panguna seine Unabhängigkeit von Australien finanziert. 45 Prozent der Exporte, 17 Prozent der Steuereinnahmen und zwölf Prozent des Bruttoinlandsprodukts wurden damals durch die Mine gesichert.

Bougainville will sich dies zum Vorbild nehmen und den Schatz heben: "Panguna ist das Projekt, das am ehesten Bougainvilles Unabhängigkeit von Papua-Neuguinea finanzieren kann", erklärte der Bergbauminister und Vizepräsident der Region, Raymond Masono, noch während des Referendums. Sechzig Prozent der Anteile will Bougainville für sich und darüber hinaus alleine über die Bergbaulizenzen bestimmen.

Bougainville könnte schon bald der jüngste Staat der Welt sein.
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Damit bewegt sich die autonome Regierung auf einem schmalen Grat. Die Panguna-Mine war der zentrale Auslöser für den bewaffneten Aufstand Ende der 1980er-Jahre. Durch den Kupferabbau durch eine Tochtergesellschaft des britisch-australischen Konzerns Rio Tinto wurde ein riesiges Gebiet verseucht, die Profite blieben jedoch nicht auf der Insel. Im Jahr 1988 revoltierten die Landbesitzer in Panguna, durch Sabotageakte wurde die Mine lahmgelegt.

Gescheiterte Invasion

Papua-Neuguinea scheiterte mit einer Invasion und heuerte schließlich sogar ausländische Söldner an, um die Kontrolle wiederzuerlangen. Erst 1998 endete der Konflikt, in einem Friedensabkommen wurden danach Autonomierechte, Wahlen und das nun durchgeführte Referendum festgeschrieben. Mit der Wiedereröffnung der Mine muss Bougainville verschiedene Interessen unter einen Hut bekommen. Die Landbesitzer sind dabei nur ein Faktor, auch Papua-Neuguinea hält große Anteile an Panguna. Neben internationalen Konzernen scharrt auch China in den Startlöchern und lockt die Insel mit großangelegten Infrastrukturprojekten. (Michael Vosatka, 11.12.2019)