"Für mich wird Jörg Haider nie korrupt sein." Dieses denkwürdige Zitat stammt von Elisabeth Kaufmann-Bruckberger, dem nach Robert Lugar wohl ramponiertesten Wanderpokal der österreichischen Innenpolitik (FPÖ, BZÖ, Team Stronach, Team NÖ). Mittlerweile hat die in zahllose Korruptionsskandale verwickelte Dame vor Gericht gestanden, dass sie Jörg Haider durch den damaligen Landesrat Dobernig 700.000 Euro Schmiergeld in bar hat zukommen lassen, was auch von mehreren Zeugen bereits bestätigt wurde.

Was geht in einem Menschen vor, der etwas sagt, von dem er schon im Moment des Aussprechens weiß, dass er selbst Kronzeuge für die Unwahrheit seiner eigenen Aussage ist? Ein ähnliches Beispiel für so eine Verschmelzung von Realitätsverlust mit Unverschämtheit lieferte dieser Tage Wolfgang Fellner.

"Österreich/Oe24"-Herausgeber Wolfgang Fellner.
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Auslöser war eine Reportage im soeben erschienenen Magazin "Wie Korruption Österreich prägt" der Rechercheplattform "Dossier". Unter dem Titel "Wer hat Angst vor Wolfgang F.?" berichten Politiker und Wirtschaftstreibende in zuvor noch nicht dokumentierter Offenheit über die Praktiken des Inseratenverkaufs bei dem von Fellner nach dem Motto "gratis und trotzdem käuflich" publizierten Journalismus-Surrogat "Österreich". Dabei fallen nicht nur Begriffe wie "Schutzgeld", "Drohungen" oder "Erpressung", es wird auch die Bereitschaft geäußert, diese Vorwürfe jederzeit vor Gericht zu wiederholen. Ein neuer Aspekt, der "Dossier" offenbar dazu ermutigt hat, das Kind in ungewohnter Deutlichkeit beim Namen zu nennen: "Verstöße gegen das Mediengesetz, Ausverkauf des eigenen Journalismus für Anzeigenkunden, Stichwort: Schleichwerbung; Drohungen, die Art der Berichterstattung seiner Medien von der Höhe der Inseratenschaltungen abhängig zu machen, oder schlicht negative Berichte, die mitunter erfunden seien, um Druck zu machen. Fellner ist einer der korruptesten Medienmacher der Republik."

Pressefreiheit und Erpresserfreiheit

Nun mag es den über sich und seine Produkte bevorzugt im Superlativ schwadronierenden Fellner kränken, nur als "einer der korruptesten" bezeichnet zu werden. Seine Reaktion, wonach es sich bei den Vorwürfen um "Sudelgerüchte, die keinen Funken Wahrheit haben", handle, erinnert aber fatal an Kaufmann-Bruckbergers Befund zur Unbestechlichkeit Jörg Haiders. Um bei Fellners Sprachbild vom "Funken Wahrheit" zu bleiben, könnte man den "Österreich"-Herausgeber auch als "Löschwasser-Kanone für das Feuer der Wahrheit" bezeichnen. Ein bisschen ärgerlich nur, dass wir Steuerzahler ihm dabei durch von uns finanzierte Regierungsinserate als Hydranten dienen müssen.

Wobei: Müssen wir wirklich? Die Regierung Bierlein hat binnen drei Monaten das Budget für Inserate um ein Drittel verringert. Das Innenministerium hat um 93 Prozent weniger ausgegeben als unter Türkis-Blau im gleichen Zeitraum des Vorjahres, das Kanzleramt sogar um 98 Prozent. Wäre die Vorgängerregierung nicht einige langfristige Medienkooperationen eingegangen, fiele der Rückgang noch deutlicher aus.

Es bleibt also die vorweihnachtliche Hoffnung auf eine künftige Regierung, die so wie die jetzige erkennt, dass Pressefreiheit und Erpresserfreiheit nicht das Gleiche sind. (Florian Scheuba, 12.12.2019)