Der Verfassungsgerichtshof hat dem Spuk ein Ende bereitet: Das "Sicherheitspaket", wie die türkis-blaue Regierung ihr Vorhaben inklusive Autobahnüberwachung und Bundestrojaner bezeichnete, darf es in der Form nicht geben. Festgestellt wurden massive Verstöße gegen den Datenschutz und das Grundrecht auf Privatsphäre.

Das ist wenig überraschend – rückten die beanstandeten Maßnahmen die Zweite Republik doch näher an einen technologisch gestützten Überwachungsstaat, als das in der Vergangenheit je der Fall gewesen war. Speziell der Bundestrojaner, der bereits im April kommenden Jahres zum Einsatz hätte kommen sollen, erweist sich als besonders fragwürdig. So räumte die türkis-blaue Regierung mit Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache an der Spitze Behörden die Möglichkeit ein, bei verdächtigen Bürgern einzubrechen, heimlich eine Schadsoftware auf ihren Geräten zu installieren und sie dann ohne ihr Wissen zu überwachen. Dabei handelt es sich übrigens um Schadsoftware, die für gewöhnlich von Unternehmen mit eher fragwürdigem Ruf gekauft wird. Zu den Kunden gehören beispielsweise repressive Diktaturen aus dem Nahen Osten, die solche Programme nutzen, um Aktivisten und potenzielle Regierungsgegner zu bespitzeln.

Der ehemalige Innenminister Herbert Kickl auf dem Polizeipferd Karlo.
Foto: APA/BARBARA GINDL

Dass ein solcher Wahnsinn überhaupt den Nationalrat passieren konnte, ist bei den netzpolitischen Positionen der ÖVP allerdings wenig verwunderlich. Schließlich geht es hier um eine Partei, deren Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka erst im Februar anwesenden deutschen Medien zufolge beim Europäischen Polizeikongress China dafür lobte, keine Hemmungen zu haben und den Datenschutz erfolgreich zwecks Analyse seiner Bürger zu umgehen. China ist für die weitreichende Überwachung und Zensur seiner Bevölkerung bekannt und berüchtigt.

Es bleibt also zu hoffen, dass die Grünen, die sich in der Vergangenheit vor allem auf EU-Ebene als Gegner von Überwachung und Einschränkungen eines offenen Internets positioniert haben, diese Agenden auch bei ihren Regierungsverhandlungen mit der Volkspartei berücksichtigen. Schließlich gibt es für die kommende Regierung zahlreiche Streitpunkte in der Netzpolitik: So will die ÖVP weiterhin die Anonymität im Netz abschaffen; auch setzte sie sich in der Vergangenheit für eine strenge Auslegung der beschlossenen Urheberrechtsreform der EU ein.

Es ist allerdings kein gutes Zeichen, dass bei der Reaktion der Grünen auf das Urteil lediglich die FPÖ kritisiert wird, anstatt die Rolle der ÖVP anzusprechen. Denn obwohl die Freiheitlichen voll und ganz hinter den nun gekippten Maßnahmen stehen, war in der Vergangenheit die Volkspartei die einzige Konstante bei der Vorstellung diesbezüglicher Pläne. Bereits 2016 und 2017 plante sie während ihrer Koalition mit der SPÖ solche Maßnahmen. 2018 wurden ihre Wünsche in Zusammenarbeit mit der FPÖ zur Realität – zumindest bis zum aktuellen Urteil. (Muzayen Al-Youssef, 11.12.2019)