Der Rechtspopulist Viktor Orbán herrscht seit fast zehn Jahren mit fester Hand über Ungarn. Die Medienlandschaft hat er weitgehend auf Linie gebracht, Unis und Schulen die Autonomie weggenommen, die Unabhängigkeit der Justiz beschädigt. Teile der Wirtschaft hat er Oligarchen zugespielt, die von ihm abhängig sind.

In der Kulturpolitik seiner Regierung herrschten schon bisher undurchsichtige Verhältnisse; unangepasste Künstler sahen sich enormem Druck ausgesetzt. Für sie fielen maximal Brosamen ab, während die großen Fördergelder einer Klientel zuflossen, deren Geschäftsmodell auf unbedarfter Kitschproduktion oder der Herstellung einer nationalistischen, pseudochristlichen Tendenzkunst beruht.

Ungarn demonstrieren gegen Orbáns Kulturpolitik.
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Das am Mittwoch beschlossene Gesetz zur "strategischen Lenkung der Kultur durch die Regierung" soll die Daumenschrauben weiter anziehen. Wer als Künstler Geld vom Staat will, muss nun der "grundlegenden Erwartung" genügen, dass er "die Interessen des Erhalts, des Wohlergehens und des Gedeihens der Nation aktiv schützt". Den Resten kultureller Pluralität wird so der Garaus gemacht.

Das System Orbán kann nicht einfach innehalten und sich mit dem Erreichten begnügen. Zudem haben ihm die Kommunalwahlen im Oktober einen Rückschlag versetzt: Budapest und weitere Städte gingen an die Opposition. Deshalb musste im neuen "Kulturlenkungsgesetz" verankert werden, dass Stadttheaterintendanten nur mit Zustimmung des zuständigen Ministers bestimmt werden können. Bisher ernannten die Städte ihre Intendanten selbst. Bisher hatte ja dort die Orbán-Partei Fidesz das Sagen.

Gegen diese läuft derzeit in der Europäischen Volkspartei (EVP) ein Ausschlussverfahren. Orbán gab man zu verstehen, dass er die rote Karte abwenden kann, wenn er sich bessert. Aus der Logik seiner Regierungsweise muss man jedoch schließen, dass eine Besserung nicht denkbar ist. (Gregor Mayer, 11.12.2019)