Es fing verdammt gut an. Klobige Absätze, minimalistische Attitude – in der ersten Hälfte der Zehnerjahre ließ Céline-Kreativchefin Phoebe Philo die Kreditkarten glühen. Endlich mal eine Modedesignerin, die glaubhaft vermittelte, dass Frauen auch in Rollkragenpullovern sexy sind! Alle wollten aussehen wie Phoebe: Das französische Modehaus setzte Maßstäbe, bis, ja, bis der bis dahin unbekannte neue Gucci-Designer Alessandro Michele 2015 die Branche mit Rüschen und Volants in Wallung versetzte.

Bis heute wird auf einem eigenen Instagram-Account der Phoebe-Philo-Ära bei Céline hinterhergetrauert.

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Harry Styles (rechts) mit Gucci-Designer Alessandro Michele, seit 2015 ein Fixstern am Mode-Firmament.
Foto: Evan Agostini/Invision/AP

2017 trat Phoebe Philo bei Céline ab, es folgte ausgerechnet Hedi Slimane, der nicht nur den Akzent auf dem Markenschriftzug weggrätschte, sondern auch eine neue, eine sexy Ära ausrief. LVMH will Celine zu einem Megahaus aufblasen.

"Höher, schneller, weiter", das galt in den vergangenen Jahren sowieso für alle. Instagram verwandelte Modeblogger in Influencer, sie brachten während der Fashion Weeks nicht nur die Sitzordnungen in den Front Rows durcheinander. Die Modenschauen wurden jetzt von Social-Media-Models beherrscht: Cara Delevingne ("die mit den buschigen Augenbrauen") war die erste, es folgte Gigi Hadid, Kendall Jenner ("die aus dem Kardashian-Clan") betrat 2014 den Laufsteg von Marc Jacobs: je mehr Follower auf Instagram, desto höher die Gagen.

Cara Delevingne gilt als der erste Social-Media-Star unter den Models. Mittlerweile wurde sie mit ihren 43,9 Millionen Abonnenten klar von Gigi Hadid (50,9 Millionen) abgehängt.
Foto: APA/AFP/THOMAS SAMSON

Die Social-Media-Plattform veränderte auch die Mode maßgeblich, in den vergangenen Jahren galt: Es gewinnt, wer und was sich auf Instagram durchsetzt. Feminismus-Shirts (2016 von Dior "erfunden") oder Bauchtaschen, auf den klotzigen Sneaker Triple S von Balenciaga, 2017 von Mastermind Demna Gvasalia (und David Tourniaire-Beauciel) entworfen, folgten unzählige Nachahmer.

Im September 2016 zeigte Maria Grazia Chiuri im Rahmen ihrer ersten Dior-Kollektion ein T-Shirt mit feministischem Bekenntnis.
Foto: Dior
Balenciaga hat angerichtet: Der Ugly-Sneaker-Trend hält bis heute an.
Foto: Mytheresa

Dank der deutschen Übersetzung von Mark Greifs Buch über den Hipster wurde 2012 auch bei uns noch einmal ausgiebig über Vollbärte, Skinnys und Hornbrillen diskutiert, Ende der Zehnerjahre bekannten sich die Hipster dann zu "Normcore": Alle wollten möglichst durchschnittlich aussehen. Deshalb wurden die Röhrljeans gegen die Levi's 501 ausgetauscht. Die erwirbt man jetzt am besten in einem Secondhandshop.

Die Hipster-Debatte ist schon älter, doch 2012 erschien die deutsche Übersetzung von Mark Greifs Buch "Hipster – Eine transatlantische Diskussion".
Foto: Verlag Suhrkamp

Weil: Sechs Jahre nach Rana Plaza ist das Thema Nachhaltigkeit sogar in der Luxusmode angekommen. 2019 gab kaum etwas Sexyeres als eine CO2-neutrale Modenschau. Mal sehen, was da 2020 noch kommt. (Anne Feldkamp, 26.12.2019)