Einsatzkräfte wachsen über ihre körperlichen Grenzen hinaus und zum Teil auch über die finanziellen. Viele Feuerwehrleute engagieren sich freiwillig und wollen mehr Unterstützung vom Staat.

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Die Stadt Sydney gleicht in diesen Tagen einer Räucherkammer. Die berühmte Hafenbrücke und das Opernhaus sind zeitweise auch aus geringer Distanz kaum sichtbar. Zwar hat sich der Rauch am Mittwoch dank stärkerer Winde und leicht niedrigerer Temperaturen etwas verzogen. Ein für nächste Woche erwarteter erneuter Temperaturanstieg und starke Winde dürfen die Feuer aber erneut anfachen, die in New South Wales seit September toben.

Die Rauchbelastung bleibe hoch, sagten die Behörden am Donnerstag. Spitäler melden einen deutlichen Anstieg an älteren Patienten und Asthmatikern mit Atemschwierigkeiten. In Sydneys Innenstadt forderten tausende Demonstranten Sofortmaßnahmen gegen die hohe Schadstoffbelastung der Luft. Psychologen berichten von einer Zunahme der Fälle von Depressionen und anderen Angstzuständen, auch unter Kindern.

Sechs Tote

In New South Wales brennen weiter 140 Feuer, darunter das sogenannte "Megafeuer" nördlich von Sydney. Bisher sind sechs Menschen in den Flammen gestorben, fast 700 Gebäude sind abgebrannt. Verheerende Folgen haben die Brände auch für die Tierwelt. Schätzungen zufolge sollen bis zu 2000 Koalas verbrannt sein. Diese ikonischen Beuteltiere sind in der Regel zu langsam, um sich rechtzeitig vor einem Brand in Sicherheit zu bringen.

2000 Feuerwehrleute sind im Einsatz – bei den meisten handelt es sich um Freiwillige. Premierminister Scott Morrison verärgerte viele Einsatzkräfte, als er ihre Forderung nach mehr Mitteln und weiteren Einsatzkräften mit einer Bemerkung abschlug, die implizierte, sie würden ihren Einsatz als Hobby betrachten. Viele Brandbekämpfer erleiden erhebliche finanzielle Einbußen, weil sie während der Zeit an der Feuerfront kein Einkommen haben.

Früher ausgebrochen

Die für kommende Woche erwarteten Temperaturen von mehr als 40 Grad lassen auf "Horrortage" schließen, sagen Feuerwehrleute. In solchen Fällen gibt es laut Feuerwehroffizier Liam Macwilliam eine Regel: "Wenn die Temperaturen über 30 Grad liegen, die Winde stärker als 30 km/h und die Luftfeuchtigkeit unter 30 Prozent, dann haben wir ein Problem. Ein großes Problem."

Die Brände waren in diesem Jahr deutlich früher ausgebrochen. Normalerweise dauert die Feuersaison von Dezember bis etwa Februar. Diesmal loderten die ersten Flammen bereits im September. Wissenschafter haben lange vor dieser Entwicklung gewarnt. Der Klimawandel und damit höhere Durchschnittstemperaturen führten dazu, dass Wetterextreme eskalieren. Nur eine sofortige Reduktion des globalen CO2-Ausstoßes könne die Entwicklung in Grenzen halten.

Ende des Kohleabbaus

Für Australien bedeute das einen möglichst raschen Stopp des Kohleabbaus. Das Land ist der weltweit wichtigste Exporteur des fossilen Brennstoffs. Die von Skeptikern des menschengemachten Klimawandels dominierte Regierung weist den Zusammenhang zwischen Bränden, Klimawandel und der im internationalen Vergleich bescheidenen Klimapolitik zurück. Sie wehrt sich seit Jahren gegen einschneidende Maßnahmen zur Eindämmung der Erderwärmung.

Bei der in Madrid stattfindenden Klimakonferenz will Energieminister Angus Taylor erwirken, dass Australien Emissionskredite aus dem 1997 unterzeichneten Kyoto-Protokoll angerechnet werden. Auf diese Weise würde Australien das Pariser Ziel von 2030, die Emissionen gegenüber dem Niveau von 2005 um 26 bis 28 Prozent zu senken, leichter erreichen. Wissenschafter sprechen von einem "buchhalterischen Trick" und appellieren an die Staaten, die Forderung zurückzuweisen. (Urs Wälterlin aus Sydney, 12.12.2019)