Trotz geplanter strengerer Regeln ebbt der Bauboom im Pinzgau nicht ab. Anrainer befürchten, das die Baustelle am Pass Thurn nicht die letzte sein wird.

Foto: Karin Dollinger

Das Luxus-Chaletdorf Six Senses am Pass Thurn in Mittersill hat die Wogen gegen Zweitwohnsitze, Apartmenthäuser und Hüttendörfer hochgehen lassen – auch in der Politik. Während am Mittwoch der Salzburger Landtag einstimmig Maßnahmen gegen solche touristischen Auswüchsen beschloss, hatte am Abend die Gemeinde Hollersbach den Bebauungsplan eines weiteren Projekts auf der Tagesordnung.

Nur wenige Meter vom umstrittenen Six-Senses-Projekt entfernt, auf der anderen Straßenseite nahe der Panoramabahn, sollen elf weitere Chalets eines anderen Immobilienentwicklers entstehen. Das Planungsgebiet ist 8.160 Quadratmeter groß und liegt am Nordrand des Gemeindegebiets von Hollersbach. Ein Teil des Hangs ist bereits seit 1999 in Bauland für Zweitwohnungsgebiete gewidmet, ein Teil aber noch Grünland.

Gefahr durch Hangrutschungen

Die Nachbarn der Liegenschaft haben bei der Gemeinde eine deutliche Einwendung vorgelegt. Auf dem Hang sind demnach im Vorjahr mindestens zehn Meter Erde aufgeschüttet worden. Es bestehe die konkrete Gefahr, dass der Hang bei starken Regenfällen ins Rutschen kommt. Die starken Regenfälle und Hangrutschungen in den vergangenen Wochen im Pinzgau hätten gezeigt, "dass dadurch Gefahr für Leib und Leben einer großen Anzahl von Menschen gegeben sein könnte". Die Bürgermeister, Gemeindevertreter und die Bezirkshauptmannschaft im Pinzgau seien "leichtsinnig" mit den Bewilligungen von Bauplätzen umgegangen. Die Einwendung stellt auch eine straf- oder zivilrechtliche Haftung der involvierten Gemeindevertreter in den Raum.

Vorerst ist die Entscheidung über den Bebauungsplan auf nächste Woche vertagt, heißt es vom Hollersbacher Bürgermeister Günther Steiner (ÖVP). "Wir wollen eine saubere Entwicklung haben, aber nicht das Kind mit dem Bade ausschütten. Der Tourismus ist unser Hauptentwicklungszweig." Unterbinden will der Bürgermeister die Bebauung nicht. "Das ist eine Widmung, und da gibt es einen Rechtsanspruch."

SPÖ fordert Regierung zum Eingreifen auf

"Wir hoffen, dass sich die Gemeinde hier zurückhält. Das ist dem Bürgermeister eine Nummer zu groß", sagt die SPÖ-Landtagsabgeordnete Karin Dollinger. Von der Bevölkerung habe sie die Rückmeldung bekommen, dass noch vier oder fünf weitere Projekte in der Pipeline sind. "Dahinter steckt das Vorhaben, ein Hochmittersill zu schaffen, sodass dort oben eine richtige Ortschaft steht." Ähnlich sei man auch in Krimml beim Skigebiet Hochkrimml vorgegangen. Dollinger sieht die Pläne als überregionales Vorhaben, bei dem die Landesregierung eingreifen müsse. Die bereits gewidmeten Grundstücke müssten in Grünland rückgewidmet werden, betont die rote Naturschutzsprecherin. "Jeder, der mehr als zehn Jahre eine Baulandwidmung nicht genutzt hat, muss damit rechnen, dass sie entschädigungslos rückgewidmet wird."

Theoretisch waren sich im Landtag am Mittwoch alle einig: Salzburg will keine neuen Zweitwohnsitze mehr. Mit einem Fünfparteienantrag wurde beschlossen, dass am 1. Jänner Chaletdörfer, Aparthotels und Lodges nur noch auf gekennzeichneten Flächen erlaubt sind. Das Raumordnungsgesetz wird eiligst geändert. Damit soll dann auch die Rückwidmung von den 25 Hektar bereits gewidmeten Zweitwohnsitzgebieten möglich sein. Pläne für eine Zweitwohnsitz- und eine Leerstandsabgabe sollen bis April auf dem Tisch liegen. (Stefanie Ruep, 12.12.2019)