Die Schneekugelinhalte von Martin und Munoz persiflieren u. a. die Vorstellung von trauter Zweisamkeit: der Schrecken der Massenware, durch Ironie geläutert.

Courtesy Walter Martin & Paloma Muñoz

Eine blonde Frau schultert ein umgekipptes Haus wie Atlas das Himmelsgewölbe, in einem winterlichen Wald nehmen sich zwei Jäger gegenseitig ins Visier, forsche Omas rücken mit Maschinengewehren aus, woanders stößt ein junger Bengel einen Mann Richtung Galgen. Und wenn man schüttelt, fallen über diese surrealen Szenen dicke Flocken.

Schneekugeln hat einst auch Walter Benjamin gesammelt, dieser Umstand macht billige produzierte Massenware, wie man sie von Souvenirständen kennt, allerdings nicht besser. Mit herkömmlichen Schneekugeln haben jene von Walter Martin und Paloma Muñoz ohnehin wenig gemein, und doch ist es gerade die Assoziation zu Kitsch und Nostalgie, die die Künstler geschickt für sich zu nutzen wissen: mit einer guten Prise schwarzen Humors. Zum Beispiel, wenn ein offensichtlich zerrüttetes, aber mittels Eisenkette aneinandergefesseltes Paar sich im romantischen Glaskugel-Winterwunderland gefangen wiederfindet.

Landschaftsmaler

Mit der Videoinstallation Spheres lässt das nahe New York lebende Künstlerpaar – Martin, Jahrgang 1953, stammt aus den USA, Muñoz ist 1965 in Madrid geboren – in A Mind of Winter auch andere Katastrophen durchs Salzburger Rupertinum rieseln. Ist da eben Donald Trump vorbeigeschneit? So richtig eindeutig ist hier nichts.

Verlockend leuchten die großformatigen Dioramen, in denen die Künstler die Ästhetik der Hudson River School zitieren, eine Gruppe von Landschaftsmalern aus dem 19. Jahrhundert. Dass der Hudson durch die Abwässer von General Electrics über Jahrzehnte hinweg in eine Chemie-Kloake verwandelt wurde, bildet aber den eigentlichen Grundton für die Dystopien von Muñoz und Martin. Es geht um Flucht, Gewalt und ziellos durch die Landschaft streifende Karawanen. (Ivona Jelcic, 13.12.2019)