Das magische Kind (Mitte: Sabrina Rupp) macht auch in

gefährlichen Wäldern gerne Pause.

Rita Newman

Weihnachten naht, und manche Theaterhäuser bemühen sich um saisonadäquaten Aufputz ihrer Bühnenbilder. Das Theater der Jugend verbreitet in der jüngsten Arbeit Das magische Kind jedenfalls Knusperhäuschenflair. In einer romantischen Inszenierung von Gerald Maria Bauer erlebt die verarmte Familie von Brakel aus dem Kunstmärchen Das fremde Kind von E. T. A. Hoffmann durch den unerwarteten Besuch aus der magischen Welt eine turbulente Zeit. Mit – huch – friedlichem Ausgang.

Alte Klassiker wie dieser (1817) werden wie heute gängig auch am Theater der Jugend jeweils neu geschrieben. Bauer, Chefdramaturg des Hauses, erzählt die Geschichte frei nach Motiven des Märchens in vereinfachten Abläufen und nimmt vor allem sprachliche Anpassungen vor. Dass Kinder mit den besten Kleidern "angetan werden", klingt in unseren Ohren heute falsch. Und "nach dem benachbarten großen Dorfe zur Kirche fahren" ist auch nicht mehr. Publikum des Pixar-Zeitalters schätzt dafür Worte wie "Nektarhonigschlunsbäreis". So sei es.

In der Figur des Kindes liegt indes ein markanter Modernismus, der Hoffmann widerfahren ist: Das Kind ist nämlich weder als Mädchen noch als Bub auszumachen. Und dabei bleibt es auch. Es ist eben weder das eine noch das andere. Die Familie von Brakel kommt damit klar, als lebten sie in identitätsaufgeklärter Zeit. Sie bewohnen ein Biedermeierhäuschen in Waldnähe, das aufgrund der Verarmung der Familie an den Tapeten und Sofas schon reichlich Patina angesetzt hat (Bühne und Licht: Friedrich Eggert).

Cyprianus, Zypressenhannes

Ein vom strengen Onkel Cyprianus (vulgo "Zypressenhannes", haha!) empfohlener Hauslehrer bringt den Alltag aus den Fugen. Denn er ist mit unlauteren Absichten dem magischen Kind, das sich mit den Brakel-Sprösslingen Christlieb (Victoria Bauer) und Felix (Marius Zernatto) angefreundet hat, auf den Fersen. Mit vereinter Kraft und vereinten Talenten wird die Familie diesen bösen, verkappten Magister Tinte (gruselig: Florian Stohr) wieder los – in einem, besonders für Nachtischfans, szenisch beeindruckenden Abgang durch die Unterbühne.

Regisseur Bauer hat den Stoff von allzu tränendrüsendrückerischer Härte befreit und in die für das Theater der Jugend übliche Ästhetik eines magischen Realismus samt suggestivem Soundscore übertragen. An Spannung mangelt es der Inszenierung nicht. (Margarete Affenzeller, 12.12.2019)