Er ist Boxer und will mit liberalen Ansagen punkten, sie gilt als gemäßigte Konservative und kennt in ihrer Partei so gut wie jeden. Die Bürgerplattform (PO), die größte polnische Oppositionspartei, entscheidet beim Parteitag am Samstag, wer von beiden bei der Präsidentschaftswahl im Mai gegen Amtsinhaber Andrzej Duda antritt: der Posener Bürgermeister Jacek Jaśkowiak oder Małgorzata Kidawa-Błońska, die – erfolglose – Spitzenkandidatin bei der Parlamentswahl im Oktober.

Kidawa-Błońska und Jaśkowiak rittern um die Gunst ihrer Partei.
Foto: imago / Banaszak

In den vergangenen vier Jahren konnte die nationalkonservative Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) ohne großen Widerstand regieren. Präsident Andrzej Duda, der im Mai wieder für die PiS antreten wird, hat sich kaum quergestellt und etwa die umstrittenen Änderungen des Justizsystems durchgewinkt. Mit einem oppositionellen Staatsoberhaupt wäre das anders: Der Präsident kann Gesetzesentwürfe aufhalten. Um sein Veto zu überstimmen, ist eine Dreifünftelmehrheit im Parlament nötig, die die PiS nicht hat.

Duda bleibt Favorit, laut Umfragen vertrauen ihm 45 Prozent der Polen. Doch die Bürgerplattform hat immer noch eine Chance auf den Sieg, vorausgesetzt sie begeht keine Fehler. Sie muss jetzt entscheiden, welches Profil sie ihrer Partei in den nächsten Jahren geben möchte. Während Duda bereits durch das Land reist, brodelt innerhalb der Bürgerplattform ein Machtkampf.

Die Spaltung verläuft zwischen jenen, die die Partei bisher angeführt haben, also den Leuten um den Vorsitzenden Grzegorz Schetyna, und den "Jungen", den Mittvierzigern im Parlament. Letztere unterstützen Małgorzata Kidawa-Błońska, das Lager Schetyna wiederum unterstützt den "Newcomer" Jacek Jaśkowiak.

Bekannt gegen unbekannt

Kidawa-Błońska wäre bei einem Sieg der Opposition bei der Parlamentswahl wohl Ministerpräsidentin geworden. Wozu also ein neuer Kandidat, wenn schon so viel Geld in die Kampagne für Kidawa-Błońska geflossen ist, fragen ihre Anhänger. Einige zogen ihre eigenen Kandidaturen zurück, um Kidawa-Błońska als einzige und starke Kandidatin aufzubauen. Sie steht für einen gemäßigten Ton, der die konservativen Wähler abholt, auch auf dem Land. "In der Partei kennt jeder Małgosia, sie gilt als vertrauenswürdige Kandidatin", sagt Sławomir Neumann, Abgeordneter der Bürgerplattform und in den vergangenen vier Jahren ihr Fraktionschef.

Zum letztmöglichen Termin kündigte jedoch auch Jaśkowiak seine Kandidatur an – und sorgte damit für Unruhe. "Jacek setzte auf den Überraschungseffekt", sagt Neumann. "Aber bei einem Unbekannten funktioniert das nicht, da muss man allen einen Besuch abstatten und sagen: Ich will das wirklich!"

Der "Anti-Duda"

Jaśkowiak hat den Ruf des "Anti-Duda", weil er sich – anders als Kidawa-Błońska – stark gegen die PiS stellt, etwa die Pride-Parade in Posen unterstützt und die Kirche kritisiert. "Unsere Partei fürchtet sich davor, eine klare Linie zu zeigen", klagt er. "Aber genau die brauchen wir jetzt, um vertrauenswürdig zu sein."

Jaśkowiaks Kandidatur hat die Partei zur Vorwahl gezwungen. Dies eröffnete auch eine Chance, die Opposition konnte dadurch einige Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Die große Debatte am 7. Dezember verlief dann zwar nüchtern, rückte aber erneut die Spannungen in den Blick.

Laut Neumann stehen hinter Kidawa-Błońska sieben von zehn Parteimitgliedern, hinter Jaśkowiak drei. Wer bei der Präsidentschaftswahl größere Chancen hat – die konservative Vermittlerin oder der Liberale mit den klaren Worten –, muss die Partei noch klären. Am wichtigsten ist, dass sich dann alle hinter die Entscheidung stellen, statt sich in Grabenkämpfen zu verlieren. (Olivia Kortas aus Warschau, 13.12.2019)