Es sollte ein politisch kühner Vorstoß sein, um ein altes Projekt in der EU endlich auf Schiene zu bringen. Der deutsche Finanzminister Olaf Scholz hat diese Woche einen Plan für die Einführung einer Finanztransaktionssteuer vorgelegt. Zehn Staaten haben vor sieben Jahren vereinbart, eine Abgabe auf Finanzgeschäfte einzuführen. Bisher wurde daraus nichts. Der Versuch des SPD-Politikers, Bewegung in die Sache zu bringen, ging nach hinten los. Mehrere Staaten, darunter Österreich, die eine Abgabe prinzipiell befürworten, lehnten seinen Vorschlag ebenso ab wie zahlreiche Steuerexperten – zu Recht.
Die Finanztransaktionssteuer in der EU ist konzipiert worden, um mehr Sicherheit zu schaffen. Mit der Abgabe sollten Millionen aberwitzig schneller Transaktionen, die allein der Zockerei dienen, begrenzt werden. Werden die Deals weniger, wird das kein Mensch spüren, an den Finanzmärkten könnte aber mehr Stabilität einkehren. Das Konzept der EU hätte dafür gesorgt, dass Banken und Fonds in der ganzen Welt erfasst worden wären. Wenn zwei US-Fonds mit einem EU-Wertpapier handeln, wäre die Steuer fällig gewesen. Besteuert worden wäre nicht nur der Kauf von Aktien – fast jeder Finanzdeal sollte erfasst werden.
Von alledem ist nichts übrig: Scholz schlägt bloß noch eine Aktiensteuer auf große Unternehmen mit Sitz im Inland vor. Würde die Steuer umgesetzt werden, würden statt tausenden Fonds, Banken und Versicherungen, die eine Mini-Abgabe zu leisten haben, nur noch 500 Unternehmen in den zehn Ländern etwas zahlen. Das bringt den Staaten weder wirklich Geld, noch wird die viel wichtigere Aufgabe der Zähmung der Finanzmärkte erreicht.
Die Entwicklung ist aber noch aus einem anderen Grund enttäuschend. Nach Ausbruch der Krise 2008 hat eine breite Debatte darüber eingesetzt, wie das Finanzsystem sicherer gemacht werden könnte. Der öffentliche Druck zu handeln war groß. Besonders in Europa wurden wichtige Reformen diskutiert: Ein gemeinsames Absicherungssystem für Spareinlagen wurde geplant, eine stärkere wirtschaftspolitische Steuerung im Euroraum, ein intensiverer Kampf gegen Steuerhinterzieher. Einiges wurde umgesetzt. Doch je weiter die Krise zurückliegt, umso stärker schwinden Elan und Interesse an solchen Projekten, in der Politik wie in der Öffentlichkeit. Dabei zeigt das Beispiel der Finanztransaktionssteuer, dass viel unerledigt bleibt. Fällt dieses Versäumnis erst beim nächsten Crash auf, ist das zu spät. (András Szigetvari, 13.12.2019)