Gleich viel GIS und mehr Onlinefreiheit für den ORF: Das sind die meistgeklickten Erwartungen in das Medienjahr 2020 in der Etat-Umfrage. Aber welche Erwartungen und Wünsche haben die Expertinnen und Auskenner von Gerhard Zeiler bis Alexander Wrabetz, von Corinna Drumm bis John Lueftner und Josef Trappel für Österreichs größten Medienkonzern? Eine Auswahl der Prognosen – namentlich und anonym – finden Sie hier. Und die Auswertung aller in der Etat-Umfrage angebotenen klickbaren Möglichkeiten unter diesem Link.

Erlösung von türkisen Partys

Beginnen wir mit einem sehr persönlichen Wunsch eines Teilnehmers oder einer Teilnehmerin ohne Namensangaben:

"Die diversen Kandidaten, die sich Hoffnungen auf einen ORF-Vorstandssitz machen, sollten endlich erlöst werden von ihrer Ungewissheit und ihrer Dauerpräsenz auf türkisen Partys."

Erklärtes Ziel schon von ÖVP und FPÖ war ein ORF-Vorstand statt des Alleingeschäftsführers für den Milliardenkonzern ORF. Eine Reihe von Interessenten und Hoffnungsträgerinnen macht seit Jahren schon ihre Runden, auch auf Partys von ÖVP-Chef Sebastian Kurz. Für eine neue Führungsstruktur wie für neue ORF-Gremien oder womöglich auch eine neue ORF-Finanzierung bräuchte es ein neues ORF-Gesetz.

Rasches Digitalpaket für ORF und Private

Nicht auszuschließen ist, dass sich der noch bis Ende 2021 bestellte ORF-General Alexander Wrabetz für einen Platz im Vorstand interessiert, wohl nur als Vorsitzender mit Vorrechten. Wrabetz wünschte sich aber schon im ORF-Publikumsrat eine gründlichere (längere) Diskussion über ORF-Gremien, -Führung und -Finanzierung und eine rasche Novelle für digitale Möglichkeiten. In der Etat-Umfrage formuliert Wrabetz diesen Wunsch so:

"Ein Digitalisierungspaket, das dem ORF seine Playerstrategie umfassend ermöglicht und eine Förderung digitaler kommerzieller Medien ausbaut sowie den "Austria Market Place" als gemeinsame Onlinevermarktung von ORF und kommerziellen österreichischen digitalen Anbietern ermöglicht."

Ein/e Teilnehmer/in ohne Namensangabe rechnet damit, dass Wrabetz bis Ende 2021 ORF-Chef bleibt wie bestellt, und dass erst 2021 mit einem neuen ORF-Gesetz zu rechnen ist.

ORF Online-Zukunft ermöglichen

"Vielleicht gelingt dem ORF ein brauchbarer Player", erklärt Josef Trappel, er leitet die Kommunikationswissenschaft an der Uni Salzburg. Trappels Wunsch an die Politik:

Dem ORF durch den Player eine Online-Zukunft ermöglichen."

Grundsatzreform für ORF 1 und ORF 2 nach 25 Jahren

Warner-Media-Manager Gerhard Zeiler.
Foto: APA/HELMUT FOHRINGER

Gerhard Zeiler hat ORF 1 und ORF 2 als ORF-Generalintendant 1995 grundlegend neu positioniert, er wurde danach Chef von RTL und RTL Group und führt heute die US-Mediengruppe Warner Media für den Telekomriesen AT&T.

Zeiler wünscht sich ein "medienpolitisches Gesamtkonzept" von der neuen Regierung – samt gesetzlicher Umsetzung.

Und er wünscht sich von Österreichs größtem Medienkonzern, dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk:

"Der ORF sollte ORF 1 und ORF 2 25 Jahre nach der letzten Grundsatzreform neu positionieren und sich auf den ORF-Player fokussieren."

Zeiler hat seit seinem letzten Liebäugeln mit einer Kandidatur 2010 vielfach abgewunken für das ORF-Management. Und in einem Aufsichtsrat oder Stiftungsrat des ORF könnte der Sozialdemokrat Zeiler kein Mandat übernehmen, selbst wenn er das wollte, solange er für Warner oder einem anderen Medienunternehmen arbeitet – sofern auch ein neues ORF-Gesetz diese Ausschlussgründe kennt.

Halbkommerzielles Zwitterdasein

Corinna Drumm Geschäftsführerin des Privatsenderverbandes VÖP, wünscht sich mit Blick auf "Unabhängigkeit, Vielfalt und Qualität der österreichischen Medien" vom/zum ORF:

"Die klare Positionierung des ORF als öffentlich-rechtlicher Anbieter und nicht länger als halbkommerzielles Zwitterwesen. Das betrifft sowohl klarere und vor allem nachprüfbare Vorgaben hinsichtlich des ORF-Programms als auch eine veränderte, weniger wettbewerbsaggressive Position im Werbemarkt."

Schluss mit textbasiertem ORF.at

Hubert Patterer ist Chefredakteur und Geschäftsführer der "Kleinen Zeitung" (Styria Media Group). Sein Wunsch zum ORF 2020:

"Neues ORF-Gesetz mit einer Neuvermessung des digitalen Spielfeldes: keine textbasierten Nachrichten-Website (klarer Fall von Wettbewerbsverzerrung), dafür aber eine Lockerung und Beseitigung unsinniger Restriktionen beim Ausspielen ausgestrahlter Inhalte (Sieben-Tage-Limit etc.)"

Verpflichtung zu österreichischer Produktion

John Lueftner, Geschäftsführer und mit David Schalko Gesellschafter der Produktionsfirma Superfilm (M, Altes Geld), hat zum ORF einen sehr konkreten Wunsch an die Medienpolitik:

"Verpflichtung des ORF, mindestens 20 Prozent seines Umsatzes in die Produktion österreichischer Filme und Serien zu stecken"

(red, 19.12.2019)