Neben der Tasche mit Bargeld sind Schuhe zu sehen, die Heinz-Christian Strache rund um den Parteitag der FPK in Kärnten getragen haben soll.

Foto: Handout

Einen bleibenden Eindruck als Nationalratsabgeordneter hat Thomas Schellenbacher nicht hinterlassen: Nur etwas mehr als ein Dutzend Mal ergreift er in seinen vier Jahren im Parlament das Wort; seine parlamentarischen Anfragen konzentrieren sich auf die Sicherheitslage von Tunneln und einen "Autokorso von circa 250 türkischen Autofahrern in Wien". Allerdings könnte der Name Schellenbacher zur Chiffre für die Käuflichkeit der FPÖ werden. Es verdichten sich Hinweise, dass ukrainische Oligarchen Millionenbeträge übermittelten, um Schellenbacher ein Mandat bei der FPÖ zu kaufen.

Ende 2012 sollen laut dem niederösterreichischen Geschäftsmann Ernst Neumayer Verhandlungen zwischen einer Oligarchengruppe aus der Ukraine und der FPÖ begonnen haben. Vertreten wird Letztere durch den Anwalt Peter Fichtenbauer. Neumayer gab vergangenen Freitag in einer eidesstattlichen Erklärung an, dass folgender Deal ausgemacht worden sei: Wenn die FPÖ Schellenbacher im Jahr 2013 in den Nationalrat bringt, erhalte die Partei vier Millionen Euro; jeweils zwei Millionen sollten an Fichtenbauer, den damaligen Parteiobmann Heinz-Christian Strache und den Vermittler, also Neumayer selbst, gehen.

Bargeld im Kofferraum

Weil Neumayer diesen Betrag nie erhalten hat, ging er gegen die FPÖ vor. Momentan liegt das Verfahren beim Obersten Gerichtshof; Strache und Fichtenbauer bestreiten die Vorwürfe.

Doch es gibt immer mehr Indizien für Neumayers Version der Geschichte. Sie speisen sich aus dem Fundus an belastendem Material, das Straches einstiger Bodyguard jahrelang gesammelt hat – und das er den Hintermännern des Ibiza-Videos zur Verfügung gestellt hat. Jetzt ermittelt auch die Staatsanwaltschaft Wien.

Ein Indiz sind Fotos einer Sporttasche mit Bargeld, die Straches Chauffeur aufgenommen hat. Laut Süddeutscher Zeitung und Spiegel wurde ein Foto am 28. Juni 2013 in der Nähe von Pörtschach aufgenommen. Der Fahrer soll gegenüber einem Anwalt angegeben haben, dass er Strache damals von der Kanzlei Fichtenbauer zu seinem Büro und dann nach Kärnten gebracht habe. Eine Tonbandaufnahme davon soll Peter Pilz’ Plattform Zack Zack vorliegen. Strache reiste damals zum "Wiedervereinigungsparteitag" von FPK und FPÖ. Die Kärntner Freiheitlichen waren einst fast geschlossen mit Jörg Haider zum BZÖ gewechselt, dann kam es zu weiteren Abspaltungen. Nach einem katastrophalen Verlust bei der Landtagswahl 2013 – die FPK verlor damals 28 Prozent – war die Landesgruppe bereit, sich wieder komplett in die FPÖ einzugliedern. Warum Strache damals so viel Bargeld nach Kärnten mitgenommen haben soll, bleibt offen.

Ein Foto vom nächsten Tag soll in der Nähe der Kanzlei von Fichtenbauer aufgenommen worden sein. In ihrer Einvernahme vor der Staatsanwaltschaft sprach Straches ehemalige Assistentin von einem "Rucksack mit Bargeld", den sie in diesem Zeitraum entgegengenommen habe.

Überraschungskandidat

Drei Tage später, am 2. Juli 2013, präsentiert Strache überraschend den niederösterreichischen Unternehmer Thomas Schellenbacher als Kandidaten der FPÖ bei der nächsten Nationalratswahl. Der war bislang nicht bei der FPÖ aktiv und soll erst kurz davor beigetreten sein – angeblich wies Strache seinen damaligen Bodyguard kurz vor der Präsentation an, Schellenbacher ein Beitrittsformular vorbeizubringen. Entsprechende SMS liegen auch dem STANDARD vor. Bei der Wahl 2013 erreicht die FPÖ nicht genügend Sitze, um Schellenbacher ein Mandat zu verschaffen. Prompt verzichten drei vor ihm gereihte Kandidaten auf den Einzug in den Nationalrat.

Warum ukrainische Oligarchen Schellenbacher im Nationalrat sehen wollen, ist noch unklar und geht aus seinen Aktivitäten im Plenum nicht hervor. Er wird jedoch rasch Obmann der "parlamentarischen Freundesgruppe Österreich-Ukraine". Kontakte in das osteuropäische Land hatte Schellenbacher zuvor geschäftlich gesammelt. Gemeinsam mit einem Konsortium versuchte er einst, das Grandhotel Panhans am Semmering zu revitalisieren. Es folgten Geldwäscheermittlungen, die jedoch eingestellt wurden. Die Kontakte Schellenbachers sind in der Ukraine keine kleinen Nummern: Es handelt sich um Milliardäre und Abgeordnete, die auch den Wintersport in der Ukraine ankurbeln wollen.

Nicht mehr im Nationalrat

Bei einer eingehenden Prüfung des Sachverhalts kam die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) zum Schluss, dass der Kauf einer guten Positionierung auf der Kandidatenliste einer Partei nicht strafbar ist. Allerdings sollen bislang jegliche Zahlungsflüsse an die FPÖ fehlen. Es steht daher der Verdacht im Raum, dass die Freiheitlichen geschädigt wurden. Die Partei will mit der Causa aber nichts mehr zu tun haben. Es gab zwar ein Treffen zwischen Neumayer und Hofer im Juni 2019, die Vorwürfe seien aber "bearbeitet und abgeschlossen", heißt es aus Hofers Büro zum STANDARD. Schellenbacher ist seit Herbst 2017 nicht mehr im Nationalrat vertreten. (Fabian Schmid, 16.12.2019)