Mesut Özil äußert sich regelmäßig auch politisch.

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Es war nur eine Frage der Zeit, bis jemand von "verletzten Gefühlen" sprechen würde. In diesem Fall war es auf der chinesischen Fußball-Website dongqiudi.com: "Meinungsfreiheit sollte auf der Basis gegenseitigen Respekts und der Souveränität der jeweiligen Staaten fußen", wurde kommentiert. Dieses Posting aber habe die Gefühle des chinesischen Volkes verletzt.

Mit "diesem Posting" war ein Instagram-Eintrag des deutschen Fußballers Mesut Özil gemeint: Darin prangerte er auf Türkisch die Verfolgung der uigurischen Minderheit in China und das Schweigen der muslimischen Welt dazu an. Den Text mag man als poetisch oder theatralisch bezeichnen. Am Ende heißt es: "Wissen sie nicht, dass es nicht das Leiden unserer gefolterten Brüder ist, das in Erinnerung bleiben wird, sondern unser Schweigen? Gott, bitte hilf unseren Brüdern in Ostturkestan."

China-Leaks

Keine drei Wochen ist es her, da enthüllten mehrere Zeitungen geheime Dokumente, die die Unterdrückung der muslimischen Minderheit in Xinjiang belegen. Seit Jahren betreibt Peking dort eine unmenschliche Assimilations- und Siedlungspolitik. Die Dokumente belegen, mit welcher Brutalität Peking Uiguren in sogenannten Ausbildungszentren interniert.

Chinas staatlich kontrollierte Presse versucht das Thema einerseits kleinzuhalten, andererseits mit der üblichen Argumentation dagegenzureden. Einerseits sei, so die "Global Times" am Montag, Özil "eine Marionette westlicher Anti-China-Mächte" und eine "verwirrte und rücksichtslose Person". Andererseits empfahl man den Lesern, die Sache nicht zu ernst zu nehmen: "Es ist notwendig, sein Posting zu kritisieren, aber man muss auch keine große Sache daraus machen." Nachrichten über die Misshandlung der Uiguren in Xinjiang seien ohnehin nur Fake-News.

Arsenal distanziert sich

Özils Verein Arsenal distanzierte sich bereits am Wochenende von seinem Spieler. "Die Inhalte sind Özils persönliche Meinung. Als Fußballklub hat sich Arsenal immer an den Grundsatz gehalten, sich nicht politisch zu engagieren", hieß es in einem Statement auf der chinesischen Plattform Weibo. Für den Verein ist der chinesische Markt extrem wichtig. Allein fünf Millionen Follower hat Arsenal auf Weibo.

Dort dürfte man Angst vor einem Fall haben, der sich vor einigen Wochen zugetragen hatte: Der Manager des US-Basketballteams Houston Rockets, Daryl Morey, hatte sich solidarisch mit den Demonstranten in Hongkong erklärt. Peking geriet darüber in Rage: Sponsoren sprangen ab, und der Staatssender CCTV stoppte die Übertragung von NBA-Spielen. Ironie der Geschichte: Ausgerechnet Özils Lieblingspräsident und Trauzeuge Tayyip Erdoğan ist auffallend stumm, wenn es um das türkische Brudervolk geht. Man mutmaßt, chinesische Direktinvestitionen im Rahmen der neuen Seidenstraße könnten der Grund dafür sein. (Philipp Mattheis aus Peking, 16.12.2019)