Denice Bourbon und Josef Jöchl diversifizieren mit dem PCCC* die österreichische Comedy-Szene.

Foto: Ari Y. Richter

In der langen Schlange vorm Wiener Wuk, die nur gemächlich Meter macht, sagt meine Begleitung: "Das dauert hier ja so lange wie an der Kassa beim Denn’s. Und das Soziotop ist auch dasselbe." Es wird nicht der schlechteste Witz des Abends gewesen sein, glücklicherweise aber auch nicht der beste. Viermal im Jahr verkauft der PCCC*, Wiens erster "Politically Correct Comedy Club", das Wiener Wuk aus. Bestuhlt haben darin 250 Menschen Platz. Sieht man von den gutgefüllten Sälen etablierter Kabarettisten ab, ist das für Stand-up-Comedy in unseren Breiten an und für sich eine beträchtliche Zahl. Für politisch korrekte erst recht.

Spaß ohne Arschlochtum

Aber was meinen die MacherInnen Denice Bourbon und Josef Jöchl, die das Projekt 2017 ins Leben riefen, "um zu beweisen, dass man lustig sein kann, ohne ein Arschloch zu sein", genau mit diesem Begriff? Frau Bourbon führt aus: "Es geht um die Richtung, in die ,getreten‘ wird. Rauf oder runter. Bei uns darf man nicht nach unten treten, so einfach ist das. Homophobe, sexistische, rassistische Witze, Witze gegen Menschen mit Behinderung, dicke Menschen und so weiter gehen bei uns auch nicht. Das verstehen wir unter politischer Korrektheit."

Auf der Bühne stehen jedes Mal ungefähr ein halbes Dutzend PerformerInnen, die nacheinander ein kurzes Stand-up-Set darbieten. Es soll zum Motto des Abends passen. Ob auf Englisch oder Deutsch gewitzelt wird, steht den TeilnehmerInnen frei. Vor, zwischen und nach den Kurzauftritten entertainen die GastgeberInnen das Publikum, führen durch den Abend.

Auf wessen Kosten lachen?

Bourbon war immer eine große Freundin von Comedy, im Gegensatz zu ihrem großteils queeren Freundeskreis. Irgendwann hat sie verstanden, warum ihre FreundInnen das nicht lustig fanden: "Weil die Witze immer auf ihre Kosten gingen." Auch sie selbst tat sich schwer, sich mit der Comedy einer von heterosexuellen Männern dominierten Szene zu identifizieren. Die ewigen Peniswitze legten die Latte nicht besonders hoch, also probierten Jöchl und Bourbon etwas anderes.

Gerade Stand-up ist eine Form, die – natürlich überspitzt – persönliche Erfahrungen verarbeitet. Die Lacher generieren jene Witze, zu denen das Publikum einen Bezug hat, jene Geschichten, in denen es sich am meisten wiedererkennt. "Uns geht es nicht darum, festzulegen, was generell lustig ist, sondern zu überlegen, was Humor auch sein kann.", so Jöchl. Fast mantraartig das N-Wort auf Bühnen zu wiederholen, wie er es bei herkömmlichen Kabaretts immer wieder beobachten musste, konnte es nicht sein.

PCCC* ist für eine queere Community gedacht, für eine migrantische, für eine linke. "Wir machen ein ganz bewusstes Minderheitenprogramm", sagt Jöchl. Beliebt ist das mittlerweile auch durchaus bei Heteros. Haben die PCCC*s damit ein Problem? "Nein, alle können kommen und Spaß an unserem Buffet haben, aber wir werden das Menü deswegen nicht ändern", bemüht Bourbon eine Metapher aus der Kulinarik.

Bisexualität in Tirol

Elena Wolfsfrau, eine der PerformerInnen des Abends, steht das erste Mal auf der PCCC*-Bühne und erzählt in wenigen Worten davon, wie ihre sexuelle Orientierung in der Heimat angekommen ist: "Bisexuell, oder wie man in Tirol sagt: 'geischteskronk'." Lacher. Später geht es um ihre feministischen Ideale, die sie im Laufe der Zeit adjustieren musste. Als Kind wäre ihr gesagt worden, sie könne alles erreichen, die Realität sah dann anders aus. Als arme Schauspielerin sei sie mittlerweile bereit, sich von einem weitaus älteren Mann aushalten zu lassen "Ich würde natürlich auch eine Frau nehmen, aber die verdienen so scheiße", kommt die Punchline, und es gibt Applaus.

Natürlich geht es beim PCCC* darum, was gesagt werden darf und was nicht. Dafür gibt es einen eigenen "Sensitivity-Reader", also eine Person, die die Texte der Auftretenden vorab liest und auf problematische Stellen, die jemanden beleidigen könnten, abtastet. Wobei es hier nicht um persönlich Beleidigendes geht – das kann niemand voraussagen –, sondern um strukturelle Ungleichheiten, die nicht reproduziert werden sollen.

Wer darf was sagen?

Fast wichtiger ist aber, wer spricht. Würde eine heterosexuelle Frau einen Witz über eine Lesbe machen, wäre das bei PCCC* ein No-Go. Spricht aber eine lesbische Frau humorvoll über etwas, das ihr passiert ist, geht das. Die Wer-darf-was-sagen-Mentalität überträgt sich auf das Publikum. Auch hier wird nach den Shows unter den BesucherInnen viel darüber diskutiert, wer eigentlich was lustig finden darf.

Wem das zu sehr nach erhobenem Zeigefinger klingt, wer bespaßt werden will, ohne zu reflektieren, wird bei PCCC* keine Freude haben. Es ist allerdings auch gar nicht Anspruch der Veranstaltung, jedermanns Sache zu sein. So oder so erinnern Veranstaltungen wie der PCCC* daran, wie politisch Humor eigentlich ist. (Amira Ben Saoud, 17.12.2019)