Heute verstaubt? Hubsi Kramar als der Marxist Paul Lafargue.

Foto: Marcel Koehler

Es schaut ungewohnt betrüblich aus im Foyer des Theater Nestroyhof Hamakom, keine Theatergänger warten auf den Einlass. Dabei feiert das Wiener Haus doch seinen zehnten Geburtstag! Lassen Sie sich beim Eintreten nicht irritieren, alle sind zum Feiern schon im Spielraum. Mit leiser Musik und sanft beleuchtet empfängt er als schummerige Bar. Zwischen den Tischen herum läuft mit Sektgläsern in Händen Florian. Florian Haslinger ist Schauspieler und nebenberuflich Kellner und spielt heute einen Kellner, der über Wirtschaftssysteme viel zu sagen hat.

Eigentlich ja kein Gewinner des Systems, findet er viel Überzeugendes am Ökonomen Adam Smith (1723–1790). Zu Gratissprudel stellt uns Florian in einem Diavortrag die Eckpunkte seiner Theorien des allen dienenden Eigennutzes vor. Man lauscht gebannt dem Beispiel der industriell optimierten Zunft der Nadelmacher. Balkendiagramme an der Wand lassen deren Produktivität in den Himmel wachsen.

Mit der großen Kelle geschöpft

Das wollen wir aber nicht so stehen lassen! Der Titel des Stückes Zu ebener Erde und im tiefen Keller birgt schon die soziale Dialektik, mit der es das Publikum konfrontiert. Zu duftender Suppe wird bald Kapitalismuskritik mit der großen Kelle geschöpft. Die ideologische Ausspeisung nehmen Laura Marx (Jaschka Lämmert) und Paul Lafargue (Hubsi Kramar) vor. Er wurde bekannt als Exeget seines Schwiegervaters Karl Marx, Verfechter des "Rechts auf Faulheit" sowie des Drei-Stunden-Arbeitstags. Wofür alles hätte der Proletarier dann Zeit! Er wüsste nicht, wohin damit, so wie die ausbeuterischen Finanziers aktuell keine Ahnung mehr haben, wohin mit all dem Kapital.

Die Maske hat Hubsi Kramar einigen Staub ins Gesicht gepudert, das passt zum wohlmeinenden Abend von Frederic Lion. Er bietet in einer Zeit von Negativzinsen und Maschinensteuerdebatte effektvoll bebilderte Grundlagenarbeit, ist in seiner historischen Genügsamkeit allerdings auch etwas dröge. (wurm, 16.12.2019)